Ein Gotteshaus mit langer Vorgeschichte: Die Schelfkirche St. Nikolai

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Turbulent ging es vor und rund um die heutige Schelfkirche zu: Urkunden und Überlieferungen lassen vermuten, dass sie mehrere Vorbauten hatte. Schon 1217 findet sich ein erster Beleg für eine Kirche auf der Schelfe. Auch neun Jahre später wird von der Stiftung einer Kirche berichtet – diese könnte zwischen 1230 und 1250 erbaut worden sein. Doch damit ist die Geschichte noch lange nicht am Ende.

Erst ab dem 14. Jahrhundert wird es deutlicher. Eine Bauuntersuchung liefert Hinweise darauf, dass die spätromanische Kirche zwischen 1300 und 1320 in eine gotische Saalkirche umgebaut worden war.
Über die folgenden rund 300 Jahre lässt sich nichts finden – Zeitsprung:
Die St. Nikolai Kirche wird im 17. Jahrhundert als Filialkirche des Doms betrieben. In dieser Zeit geschieht einiges. Zunächst erhielt die Kirche einen neuen Turm, der schon kurze Zeit darauf wieder eine Reparatur benötigte. Ein Sturm hatte Teile des Glockenturms gelöst, diese waren auf das Kirchendach gestürzt. Auch das wurde repariert. Damit nicht genug: 1670 wurde eine zersprungene Glocke erneuert. Dach und Turm der Kirche waren ein erneutes Mal sanierungsbedürftig – es mussten Spendengelder her. Herzog Christian Ludwig I. ordnete eine Sammlung dazu an.
Der Turm der Schelfkirche stand unter keinem guten Stern und sollte die Gemeinde noch einige Male beschäftigen. 1703, kurz vor Weihnachten, brauste ein Orkan über Schwerin. Der Turmhelm stürzte auf die Kirche und beschädigte sie schwer.

Doch auch um die Kirche herum geschah einiges – geschichtlich. Herzog Friedrich Wilhelm erließ die Anordnung, die Schelfe zur Stadt auszubauen. Im Zuge dessen sollte auch die Kirche neugebaut werden. Gesagt – getan. Ingenieurkapitän Jacob Reutz entwarf die Pläne für die neue Kirche St. Nikolai. Er wollte die Grundmauern des Vorgängerbaus nutzen und darauf den Chor errichten. Außerdem sah er einen barocken Zentralbau mit kreuzförmigem Grundriss vor, dazu einen westlich angebauten Turm. Am 15. Mai 1708 wurde der Grundstein gelegt, rund zwei Jahre später – gerade nachdem der Rohbau fertig war – verstarb Jacob Reutz. Seine Pläne wurden verworfen und Nachfolger Leonhard Christoph Sturm trieb einen völlig anderen Innenausbau voran.
1713 schließlich wurde die Schelfkirche St. Nikolai geweiht. Der Auftraggeber Herzog Friedrich Wilhelm erlebte das nicht mehr. Er verstarb rund zwei Monate zuvor und wurde schließlich in einer Gruft unter dem Altar beigesetzt.

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Im zweiten Weltkrieg opferte die Schelfkirche zwei Bronzeglocken und das Kupferdach –sie wurden eingeschmolzen

Danach wird es nicht weniger turbulent: Zunächst diente die Kirche als Grablege des Mecklenburgischen Fürstenhauses. Später wurde die Schelfkirche aus der Domgemeinde herausgelöst und eine eigenständige Gemeinde. Darüber hinaus wurde sie zur Garnisonskirche.
Und 1858 kommt der verstorbene Jacob Reutz doch noch zu seinem Recht: Die Einbauten Sturms werden aus der Kirche entfernt, stattdessen wird nun doch alles nach den ursprünglichen Plänen ausgerichtet. Friedrich Friese baut die Orgel.
Gerade der zweite Weltkrieg forderte Opfer der Schelfkirche: Zwei der drei Bronzeglocken sowie das Kupferdach wurden eingeschmolzen. Die beiden Glocken wurden erst in den Jahren 1959 bis 1990 wieder in die Kirche eingebaut, allerdings aus Eisen statt Bronze. Das Innere wird in dieser Zeit neu bemalt, die Fassde der Kirche wird saniert.

Bis heute entwickelte sich die Schelfkirche zusehends weiter. Zeuge der modernen Zeit ist eine Gasheizung. Eine Altlast wiederum bleibt das Schicksal des Turmes: Auch 1995 fiel er einem Sturmschaden zum Opfer, sodass seine Spitze neu eingedeckt werden musste. Außerdem neu: Zwei Bronzeglocken – die eisernen Ersatzglocken waren endgültig verschlissen und erhielten beständigere Nachfolger.
Interessant dabei ist: Die kleinste der drei Glocken, die auch dem Zweiten Weltkrieg standhielt, ist älter als die Schelfkirche selbst. Das genaue Herstellungsjahr ist unbekannt, allerdings muss sie spätestens 1517 gegossen worden sein und läutete schon im Vorgängerbau zur Schelfkirche.

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Fotos: maxpress