Schweriner Literaturtage läuten den Leseherbst ein

Vorverkauf erfolgreich angelaufen

Vom 4. Oktober bis zum 11. November lesen in zahlreichen Veranstaltungen namhafte Autorinnen und Autoren sowie Debütantinnen und Debütanten aus ihren Werken und stellen sich dem Gespräch mit ihrem Publikum. Der Vorverkauf für die Lesungen ist erfolgreich angelaufen.

Eröffnet werden die diesjährigen Schweriner Literaturtage von Natascha Wodin, die für ihre Werke vielfach Literaturpreise erhielt. Lesen wird sie am 4. Oktober aus ihrem Roman „Sie kam aus Mariupol“, für den sie in diesem Jahr mit dem renommierten Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik ausgezeichnet wurde. Mit den Recherchen zu diesem außergewöhnlichen Buch geht Natascha Wodin dem Leben ihrer ukrainischen Mutter nach und erfährt dabei nach anfänglich spärlicher Quellenlage ihre eigene Familiengeschichte, die zu einem historischen Panorama wird. Die großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts haben das kurze Leben der Mutter geprägt. 1943 wird sie zusammen mit ihrem Mann als "Ostarbeiterin" nach Deutschland verschleppt und muss schließlich erleben, wie ihre hier geborene Tochter im Lager für „Displaced Persons” aufwachsen muss. Natascha Wodin hat einen fesselnder Roman geschrieben, der sich nur schwer aus der Hand legen lässt.

Die Literaturtage bringen erneut Begegnungen mit Gästen vergangener Jahre. Unter ihnen ist Anne Siegel, die vor zwei Jahren das Schweriner Publikum mit ihrem Island-Roman und ihrem ansteckenden Temperament in den Bann schlug. In Panama hat sie die 100-jährige Gerta Stern getroffen und deren atemberaubende Biografie erforscht. Mit „Señora Gerta - Wie eine Wiener Jüdin auf der Flucht nach Panama die Nazis austrickste“ hat die Autorin ein Buch vorgelegt, das an Spannung so manchen großen Krimi in den Schatten stellt. Für Menschen mit Hörbehinderungen wird diese Veranstaltung mit Gebärdensprache begleitet. Wie Dirk Kretzschmar, Leiter des Kulturbüros, betont, ist es ein besonderes Anliegen, auch mit den Schweriner Literaturtagen ein Zeichen für Barrierefreiheit und schrankenlose Teilhabe zu setzen.

Protagonisten von Romanen und Geschichten laden ein, über die großen allgemeinen und ganz persönlichen Fragen des Lebens nachzudenken – manchmal in einer Welt am Rand, in der sich diese Fragen nicht weniger deutlich stellen als anderswo. So erzählt die aus Mecklenburg stammende Autorin Kerstin Preiwuß in ihrem Roman „Nach Onkalo“, mit dem sie es auf die Longlist für den besten Roman des Jahres geschafft hat, von Matuschek, der dort wohnt und bleibt, wo man weggeht, wenn man kann.

Alina Herbing, ebenfalls in Mecklenburg aufgewachsen, zeichnet in ihrem viel beachteten Buch „Niemand ist bei den Kälbern“ eine ehrliche, unromantische Milieustudie über das Landleben und eine gescheiterte Wendegeneration, Susann Pásztor hat berührend, doch ohne Pathos, über das Leben und Sterben geschrieben, während sich im Roman von Mareike Krügel der normale Wahnsinn eines Alltags entrollt oder Arno Frank die Geschichte seiner Familie ebenso tragisch wie komisch beschreibt.

Poetisch und wortgewaltig erzählt die heute in der Schweiz lebende und in Mecklenburg aufgewachsene preisgekrönte Autorin Henriette Vásárhelyi vom schmerzhaften Prozess des Erinnerns und Selim Özdogan gibt jenen Frauen eine Stimme, die wir oft nur als kopftuchtragende Mütter und Großmütter aus dem Bus oder Supermarkt kennen.

Als „Gemischtes Doppel“ präsentieren erneut Annemarie Stoltenberg, profilierte und versierte NDR-Kultur-Literaturexpertin, und Rainer Moritz, unermüdlicher und meinungsfreudiger Leiter des Literaturhauses Hamburg, höchst unterhaltsam die Neuerscheinungen des Herbstes - bunt gemischt von Belletristik bis Sachbuch.

Historischen Themen widmen sich Anja Schindler, die nach über 50 Jahren nach Karaganda zurückkehrt – in jene Stadt, die sowohl Ort ihrer Kindheit als auch Verbannungsort ihrer Eltern war und Kristine von Soden, die nach Antworten auf ein bisher vernachlässigtes Kapitel in der Geschichte der Exilliteratur gesucht hat und dazu Einblicke in die Lebenswelten deutscher Emigrantinnen gewährt.

Peter Walther verarbeitet in seiner Fallada-Biographie neue Archivfunde und der Journalist Jürgen Seidel setzt mit einem musikalisch-literarischen Programm dem Ingenieur und Schriftsteller Heinrich Seidel ein Denkmal zum 175. Geburtstag.

Die Neustrelitzerin Sandra Lembke hat recherchiert, niedergeschrieben und selbst ausprobiert, wie einst die Frauen mit „Scheuersand & Schnürkorsett“ lebten und litten und selbstverständlich darf im Jubiläumsjahr der Reformation nicht der Blick auf Luther und seine Zeit fehlen.