Mit ganzem Herzen für Kinder da

Kita-Leiterinnen geben Erfahrungsschatz weiter

Schwerin • Wenn im Laufe der nächsten zwölf Monate gut ein Viertel der Kita-Leiterinnen bei der Kita gGmbH in den wohl verdienten Ruhestand geht, dann können die Damen das beruhigt tun. Bestens eingearbeitete Kolleginnen werden folgen. Die Einrichtungen sind gut aufgestellt und verfügen über eine immense konzeptionelle Vielfalt. Und die Kitas haben noch etwas: einen echten Schatz. Und zwar an Erfahrungen, die von den jung gebliebenen Frauen weitergereicht werden. „Kinder halten einen definitiv jung“, sagt Gabriele Will, Leiterin der Kita Löwenzahn und des Hortes Heine Kids. Sie hat wie ihre Kolleginnen Christiane Alm (Kita Reggio Emilia und Plappermäulchen), Bärbel Pröhl (Kita Waldgeister), Ursula Riegner (Kita Kirschblüte und Pumuckl) sowie Renate Sator (Kita Haus Sonnenschein) Höhen und Tiefen in 45 Arbeitsjahren erlebt: unterschiedliche Erziehungs-, Betreuungs- und Ausbildungsansätze, Neueröffnungen und Schließungen von Einrichtungen, den massiven Abbau von Arbeitsplätzen und später die schwierige Suche nach Berufsnachwuchs. Eines hat die Frauen über all die Jahre verbunden: Sie waren jederzeit mit ganzem Herzen für die Kinder da. Sie haben ihre Berufung gelebt. 

Mit weißem Kittel und gestärktem Häubchen in die Gruppe

Die 70er- und 80er-Jahre prägten die berufliche Entwicklung der Frauen. Weißer Kittel, anfangs auch noch ein gestärktes Häubchen, Nagellack und Schmuck als absolutes Tabu – es galten andere Regeln. Die Krippenkinder kamen oft schon im Alter von zwölf Wochen in die Einrichtungen. Um sechs Uhr morgens ging es dort los. Um neun Uhr gab es den Brei – und keine Minute später. Differenzierte Ausbildungen für den Bereich Krippe (Gesundheitswesen) oder Kindergarten (Volksbildung) mit vorangegangenen Eignungsprüfungen und hohem Praxisanteil gehörten ebenso zum Alltag wie ein strenges Regime mit dem vorbestimmten Tagesablauf. „Die heutige Freiheit, auf die Bedürfnisse der Kinder individuell eingehen zu können, habe ich damals nicht erlebt“, erinnert sich Renate Sator. „Eltern hatten längst nicht so viele Mitwirkungsrechte wie heute. Schon das Geburtstagfeiern der Kinder war schwierig, weil es in der Tagesstruktur nicht wirklich vorgesehen war“, weiß Bärbel Pröhl noch genau. „Aber: Wir hatten tolle Kinder.“ Mit denen haben die Erzieherinnen vieles hingekriegt... „Weil wir die Liebe zum Beruf mitbrachten und uns eine Menge an Wissen vermittelt und reichlich praktische Erfahrung ermöglicht worden war“, sagt Christiane Alm.

Bildungs- und Entwicklungspläne leisteten lange Zeit einen guten Dienst

Bildungs- und Entwicklungspläne zum Beispiel waren gute, auch nach der Wende immer wieder als Anregung in die Hand genommene Ratgeber. „Wir waren schon verunsichert. Plötzlich standen unzählige Fachbücher im Schrank, die Ausbildung hatte sich verändert, die Zukunft war ungewiss“, erinnert sich Kita-Geschäftsführerin Anke Preuß, 1997 Referentin beim Sozialdezernenten. Es war alles in Frage gestellt worden. Kita-Schließungen führten zu Kündigungen. Hatte es bis 1990 rund 1500 Geburten pro Jahr gegeben, waren es 1991 nur noch 500. „Bis zur Jahrtausendwende wurden keine Mitarbeiter eingestellt. Junge und gut ausgebildete Leute verließen das Land“, blickt Ursula Riegner zurück. Das war aber noch nicht alles: Aus der großen Zahl der ehemals staatlichen Kindereinrichtungen (es gab vor der Wende allein 50 Krippen in Schwerin!) waren in den 90er-Jahren bereits einige herausgelöst und in eine freie Trägerschaft geführt worden. „Wir haben nach Orientierung gesucht, unsere Stärken eingebracht, anderswo hospitiert, Weiterbildungen absolviert und nicht zuletzt aus dem Leben geschöpft“, bringt Renate Sator die neue Herangehensweise auf den Punkt. „Wir haben uns ausprobiert. Vieles kam den Ansätzen von offener Arbeit oder Partizipation, wie wir es heute nennen, schon nahe“, sagt Christiane Alm. 

Wir-Gefühl war solider Grundstein für Neuanfang als Kita gGmbH

Neuer Halt entwickelte sich nach und nach mit Gründung der Kita gGmbH im Jahr 2001. „Der Anfang war naturgemäß von Sorgen und Ängsten begleitet: Eine neue Gesellschaft, die Frage nach Sicherheit der Arbeitsplätze, ich als junge Betriebswirtin an der Spitze des Unternehmens – das waren schon Herausforderungen“, so Anke Preuß. Stundenreduzierungen wurden in Kauf genommen, um als Team zusammenbleiben zu können. „Es war beeindruckend, was die Kolleginnen mitgetragen haben. Das hat uns Mut gemacht“, erinnern Anke Preuß und Marlies Kahl, welche die pädagogische Leitung inne hatte. Dieses Zusammenwirken und die engagierte Arbeit der Leiterinnen ließen das Wir-Gefühl wachsen. Es wurde einiges neu gebaut und saniert. Vielfältige pädagogische Ansätze hielten Einzug, junge Mitarbeiter kamen dazu, sodass der Altersdurchschnitt der Beschäftigten heute bei 43 Jahren liegt. Das sind gute Aussichten für die Einrichtungen der Kita gGbmH, finden die baldigen Ruheständlerinnen. Sie wünschen dem Unternehmen Stabilität, immer ausreichend pädagogisch erfahrene Erzieher mit viel Zeit für Kinder und ansteckender Fröhlichkeit. Eine umfassende Reform der Ausbildung täte gut, damit mehr junge Menschen diesen Traumberuf ergreifen. Und am Ende ihres Berufslebens ebenso sagen: „Ich habe keinen Tag bereut!“

ba