EX-Nazi stellt sich den Fragen der Schüler

Philip Schlaffer zu Gast am Weststadt-Campus

Immer häufiger schleichen sich rechtsextreme Parolen wie „Ausländer raus“ in den Sprachgebrauch von Jugendlichen ein.
V.l.: Babette Herrmann vom Lions Club Fürst Niklot, Ex-Neonazi und Anti-Gewalt-Trainer Philip Schlaffer, Ralf Melzer vom Lions Club Fürst Niklot, Anna Linke und Vanessa Hohl vom Weststadt-Campus, Foto: maxpress/Winter

Schwerin • Immer häufiger schleichen sich rechtsextreme Parolen wie „Ausländer raus“ in den Sprachgebrauch von Jugendlichen ein. Anna Linke, engagierte Lehrerin und die Schulsozialarbeiterin Vanessa Hohl aus der Projektgruppe Prävention wollten dieser besorgniserregenden Tendenz entgegenwirken.

Unterstützt durch den Lions Club Fürst Niklot und den Präventionsrat der Landeshauptstadt Schwerin, luden sie Philip Schlaffer am 11. Juli zu einem besonderen Präventionstag für alle achten Klassen ein. Schlaffer, einst ein bekannter Name in der Neonazi-Szene, der nach zahlreichen kriminellen Aktivitäten sogar im Gefängnis saß, hat nach seiner Haftentlassung das Milieu hinter sich gelassen und arbeitet heute als Anti-Gewalt- und Deradikalisierungstrainer. Sein brisanter Insider- Bericht beschönigte nichts und warnte eindrucksvoll vor den Gefahren extremistischer Gewaltstrukturen.

„Fremdenhass entwickelt sich oft schleichend und beginnt häufig mit Vorurteilen und stereotypen Denkmustern. Die Schüler sind sich meist nicht bewusst darüber, welche verheerenden Folgen ihre fremdenfeindlichen Äußerungen haben“, berichtet Anna Linke. „Jugendliche sind besonders empfänglich für einfache Antworten und Schuldzuweisungen, die ihre Unsicherheiten und Ängste ausnutzen. Extremistische Gruppen nutzen diese Anfälligkeit aus, indem sie gezielt auf Jugendliche zugehen und ihnen Zugehörigkeit sowie einfache Erklärungen für komplexe gesellschaftliche Probleme anbieten. Deshalb ist es so wichtig, schon frühzeitig über extremistische Gewaltstrukturen aufzuklären“, ergänzt Sozialarbeiterin Vanessa Hohl.

Mit eindringlichen Worten und ehrlichen Berichten fesselte Schlaffer die Schüler und klärte sie über die düsteren Mechanismen der Neonazi-Szene auf. Er sprach über Rechtsextremismus, Radikalisierung, Gruppendynamik und Gewalt und hinterließ einen bleibenden Eindruck. „Eine Gruppe ist immer dann gefährlich, wenn ihr nicht sagen oder tun könnt, was ihr wollt“, warnte er die jungen Zuhörer. „So eine Gruppe zu verlassen ist eine Superkraft.“ Die Reaktionen der Schüler waren überwältigend. Sie lauschten gebannt und stellten zahlreiche Fragen, die Schlaffer geduldig beantwortete. Auch nach dem Vortrag wandten sich viele Schüler noch mit ihren Fragen persönlich an Schlaffer. „Es ist etwas völlig anderes für die Schüler, wenn jemand spricht, der den Rechtsextremismus aus erster Hand erlebt und praktiziert hat“, erklärt Babette Herrmann vom Lions Club Fürst Niklot. „Es ist von großer Bedeutung, präventive Maßnahmen zu ergreifen, die auf Bildung, Aufklärung und die Förderung von interkulturellem Dialog abzielen. Daher haben wir dieses Projekt sehr gerne unterstützt“, so auch Ralf Melzer vom Lions Club Fürst Niklot. Dieser bewegende Präventionstag hat nicht nur die Schüler sensibilisiert, sondern auch gezeigt, dass wirkungsvolle Aufklärung ein wichtiger Schritt in Richtung einer toleranteren und friedlicheren Gesellschaft ist.

maxpress/ass/ms