Papageno trifft Lindenberg

Opernsänger Martin Gerke bringt frischen Wind ans Staatstheater

Opernsänger Martin Gerke auf der Bühne als Papageno in Mozarts Zauberflöte
Opernsänger Martin Gerke auf der Bühne als Papageno in Mozarts Zauberflöte, Foto: Silke Winkler

Schwerin • Die Zauberflöte ist zwar nicht seine Lieblingsoper, aber sie begleitet Martin Gerke seit seiner Kindheit. Über 35 Mal hat er einen der „Knaben“ verkörpert, aktuell glänzt der 39-Jährige als „Papageno“ am Staatstheater. Der Bariton ist neu im Schweriner Ensemble und hat Berlin nach 17 Jahren samt Familie hinter sich gelassen. Seine langen Haare sind auffällig, aber: „Die haben nichts mit einer Rolle zu tun. Ich war einfach seit zwei Jahren nicht mehr beim Friseur.“

Wie sieht eigentlich der Werdegang als Opernsänger aus? Der Lebenslauf von Martin Gerke beginnt im Klaviergeschäft seiner Eltern in Hildesheim. Die Wohnung war gleich oben drüber und so lag Musik quasi immer in der Luft. „Ich kam in den Knabenchor und sang mit neun Jahren mein erstes Solo. Sport war nie mein Ding und während andere Fußball spielten, moderierte ich mit 16 die Zauberflöte für Kinder.“ Nach dem Abitur war zwar noch nicht klar, ob es wirklich für eine professionelle Gesangskarriere reicht, aber der Zufall half bei der Entscheidungsfindung. Genau genommen war dieser „Zufall“ kein geringerer als Opernstar Thomas Quasthoff – wie Martin Gerke gebürtiger Hildesheimer. „Mein Vater sollte Thomas Quasthoff einen Klavierstuhl liefern und er nutzte die Gelegenheit, um mich bei ihm kurz vorsingen zu lassen.“ Ein genialer Gedanke, denn alle Hoffnungen erfüllten sich. „Quasthoff fand mich wohl ganz gut, denn er bot tatsächlich an, mich in seiner Klasse an der Hochschule für Musik in Detmold auszubilden.“ Es war der Beginn einer fordernden Beziehung, denn über viele Jahre feilten die beiden intensiv an Gerkes Talent.

Apropos Talent – dass ein Opernsänger stimmlich überragend sein muss, versteht sich. Doch viele weitere Mosaiksteine müssen zusammen passen. Tanzschritte und die schauspielerische Leistung müssen ebenso stimmen, wie jedes Wort auf der Bühne. Und wie sieht es mit dem Texte merken aus? Für Martin Gerke ist das kein Problem: „Ich brauche keine Souffleuse. Wenn die Aufführung beginnt, bin ich schnell in diesem viel zitierten Tunnel. Dann läuft es einfach“, erklärt er und nimmt einen Schluck von seinem Minztee.
Dass Gerke seit rund vier Monaten in Schwerin lebt, ist übrigens auch dem Wunsch nach etwas mehr Kontinuität im Leben geschuldet. Bis dato verdiente er seinen Lebensunterhalt als freischaffender Künstler. Für jemanden, der in der Berliner Kulturszene gut vernetzt ist, öffnet sich immer irgendwo eine Tür. So sind ihm die drei großen Berliner Opernbühnen ebenso vertraut, wie die vielen kleinen Spielstätten oder zum Beispiel die Semperoper in Dresden. Jetzt ist er aber erstmal hier. Seine Tochter spielt in der Kita „Schlossgeister“, sein Sohn geht auf die Heinrich-Heine-Grundschule und seine Frau ist „unser Fels in der Brandung“.

Vermisst er die pulsierende Millionenstadt schon? „Es ist ja nicht weit dahin“, antwortet er und grinst. Mit 22 zog er nach Mitte, ging voll auf in seinem Studium an der renommierten Hanns Eisler Hochschule für Musik. Dann nahm er eine Wohnung am Prenzlauer Berg und zuletzt war Pankow seine Heimat. Pankow ist ein gutes Stichwort. Der Opernsänger hört privat nämlich gerne die Songs von Udo Lindenberg. „Udo ist ein Typ, er ist einzigartig und mit 19 war ich zum ersten Mal auf einem seiner Konzerte“, schwärmt Gerke von dem Mann, der 1983 mit dem Sonderzug nach Pankow beziehungsweise zu Erich Honecker wollte. Über die Musik packende Geschichten zu erzählen – das ist übrigens eines der Lieblingsthemen von Martin Gerke. Uraufführungen, am liebsten zu Aspekten mit aktuellem Bezug, liebt er. „Ich freue mich schon auf ,Wölfe‘. Das zeigen wir im Sommer und es geht um die Wolfsrudel, die sich in Ostdeutschland breit machen.“ Gerke will junge Leute für große Musik begeistern. „Ich habe schon oft erlebt, dass das funktioniert“, sagt er. „Die Kraft der Musik wirkt, in der Schule und schon im Kindergarten. Störenfriede picke ich mir raus und drohe ihnen damit, sie auf die Bühne zu holen. Das schüchtert ein“, sagt er lachend.
Wer ihn live im Staatstheater erleben möchte, kann dies in der „Zauberflöte“ am 26. Januar, am 3. oder 26. Februar, am 27. März oder letztmals am 12. Mai.

Patrick Kiefer

Martin Gerke genießt seinen Minztee

Uraufführungen, am liebsten zu Aspekten mit aktuellem Bezug, liebt der Opernsänger