Weinflüsterin von Welt

Wie Anne Elisabeth Hugger auf den edlen Rebensaft kam

Sie begann in einem Berliner Hotel eine  Ausbildung als Veranstaltungskauffrau und tauchte schnell in die Weinszene ein
Sie begann in einem Berliner Hotel eine Ausbildung als Veranstaltungskauffrau und tauchte schnell in die Weinszene ein, Foto: maxpress

Schwerin • Dass Anne Huggers Liebe zum Wein ursprünglich nur Plan B war, ist ihr nicht anzumerken. Leidenschaftlich erzählt sie von Trauben, ist fasziniert von Aromen, die sich bis in die feinsten Nuancen daraus entfachen lassen. Mit gerade mal 31 Jahren blickt sie schon auf ein bewegtes Leben zurück. Geboren 1990, wuchs sie in einer Ur-Schweriner Familie auf. Ihr Elternhaus am Waldrand, bunt dekoriert und mit großem Garten, war oft Kulisse für Feste mit Freunden und Familie. Genuss und Gastgeben bekam sie quasi in die Wiege gelegt.

In der Musikklasse am Goethegymnasium lebte sie ihre künstlerische Ader aus, sang im Chor, spielte Theater und musiziert bis heute auf dem Klavier und der Harfe . Ein Gesangsstudium nach dem Abitur 2009 erschien als vorgezeichneter Weg. Doch sie bekam keinen Studienplatz und ging für einige Monate nach Ghana, um in einem Waisenhaus zu arbeiten.

Zurück in der Heimat, besann sie sich auf ihre Wurzeln. „Ich dachte mir, ich habe schon immer gerne gesellige Runden organisiert, Gäste bewirtet und mich mit vielen Leuten umgeben.“ So begann sie in einem Berliner Hotel eine Ausbildung als Veranstaltungskauffrau und tauchte schnell in die Weinszene ein. Für die Deutsche Wein Marketing GmbH organisierte sie die „Berliner Wein Trophy,“ Deutschlands bedeutendster und größter internationaler Weinwettbewerb, Verkostungen und kulinarische Events – wohl so gut und überzeugend, dass ihr Hotel-Chef ihr eines Tages unterbreitete: „Wir müssen dir kündigen.“ Ihr Vorgesetzter der Wein Marketing ergänzte im gleichen Atemzug: „Aber nur, damit du bei uns anfangen kannst.“ Lächelnd erinnert sie sich: „Das werde ich nie vergessen.“

Damit war auch für sie klar, dass edle Tropfen sie beruflich weiter begleiten sollten. Schlussendlich zog sie in den Rheingau, um Internationale Weinwirtschaft in Geisenheim zu studieren. In der „Kosaken WG“ im Renaissance-Schloss Kosakenberg fand die Schwerinerin ihr neues Zuhause. „Eine tolle Zeit“, schwärmt sie. „Wir waren zu acht, allesamt Genussmenschen. Haben zusammen gefrühstückt, auf dem Markt eingekauft und die Mahlzeiten wirklich zelebriert. Bei unserer ‚Kosaken-Kitchen‘ haben wir unsere Kommilitonen aus der ‚Kühlschrank-WG‘, der ‚Edel-WG‘ oder andere Gäste mit Sieben-Gänge-Menüs bekocht“.

Ihrem Fernweh gab die lebensfrohe Mecklenburgerin schon immer nach, so auch im Studium. Ein Auslandssemester führte sie in eine der größten Keltereien Armeniens. Für bis zu 350.000 Flaschen Weißwein war sie dort verantwortlich. „Ich habe auch schon Dracula besucht“, sagt sie mit einem Augenzwinkern – drei Monate lang bei einer Weinlese im rumänischen Transsilvanien. Wieder einmal packte sie ihre Koffer, als nur noch eine Prüfung für ihren Bachelor-Abschluss anstand.

Sie lernte surfen auf Fuerteventura. „Ich erinnere mich gerne an die Zeit, in der meine Urgroßeltern an der Bornhövedstraße einen Bootsanleger hatten und ich als Kind auf dem Steg immer gekeschert habe. Mein Vater ist auch sehr wasseraffin. Vielleicht hat es mich deswegen ans Nass gezogen“, überlegt sie. Auf der kanarischen Insel leitete sie eine Surfvilla, schlüpfte bei intensiven Gesprächen und selbst zubereitetem Essen immer wieder gerne in die Gastgeberrolle. Noch heute hält sie via Facetime Kontakt zu ihren damaligen Weggefährten – mit virtueller Weinprobe, versteht sich. „Wein verbindet eben“, ist sie überzeugt. Es gibt ihn überall, Kontakte lassen sich umso leichter knüpfen. Manchmal sinniert sie darüber, dass ruhig etwas mehr Rheingauer Weinseligkeit Einzug in ihre mecklenburgische Heimat halten könnte.

Nächstes Jahr beendet Anne Hugger ihr Studium mit einem Master. Tief in der Materie, Trauben zu veredeln, steckt sie also schon. Nur ein Quentchen Wirtschaft fehlt ihr noch: Ein Praktikum in der Konsumforschung steht an. Und was kommt danach? „Ich möchte mich vom Wind treiben lassen“, sagt die Globetrotterin. Auf lange Sicht träumt sie von einem Haus am Meer in Cornwall – mit Gästezimmern, Surfschule und nachhaltigem Weinanbau. Nicht ohne sich auch in das Projekt Weinberg auf der Schweriner Krösnitz einzubringen.

maxpress/Meike Sump

Schlussendlich zog sie in den Rheingau, um Internationale Weinwirtschaft in Geisenheim zu studieren
Zuhause wird auch mal am Laptop studiert, Foto: maxpress
Sie lernte surfen auf Fuerteventura
Surfern lernte sie auf Fuerteventura, Foto: privat