Das Füreinander im Sinn

Es kommt wieder darauf an, Demokratie zu verstehen und zu leben

„Wer nicht für mich ist, ist gegen mich!“ – Dieses Denken torpediert die Demokratie in der Gesellschaft. Doch wer darf ohne Konsequenzen noch seine Meinung sagen, ohne dabei in eine politische Ecke gestellt zu werden?
V.l.: Christian Wendt, Klub Einblick, Angelika Stoof, Behindertenbeirat SN, Lara Dönges, Studentin, Simone Mühlbauer, Kita-Bereichsleiterin AWO, Renate Herrmann, Seniorin, Foto: maxpress

Schwerin • Respekt und Toleranz sind Schlüsselbegriffe in einer lebendigen Demokratie, und diese Werte sollten in allen Generationen und Lebensbereichen gefördert werden. Doch wieviel Toleranz ist jeder bereit zuzulassen, wenn er die Macht hat, sich gegen eine andere Meinung durchzusetzen?

Die Idee, Demokratie in allen Generationen und im Alltag zu leben, geht weit über politische Systeme hinaus und bezieht sich auf eine Kultur des Respekts, der Partizipation und der offenen Kommunikation in der Gesellschaft. Hierbei sind alle eingeladen, ihre Meinungen und Ideen zu teilen und an Entscheidungsprozessen teilzunehmen, die ihr tägliches Leben beeinflussen. Ausgeschlossen davon sind in der Regel extremistische Gruppen, die Gewalt oder Diskriminierung fördern, sowie individuelle Handlungen, die die Rechte und Freiheiten anderer Menschen verletzen.

Aber wo beginnt diese Ausgrenzung? Es ist dabei auch wichtig, die Rolle von Bildung und Aufklärung zu betonen, um ein Verständnis für demokratische Prinzipien und die Bedeutung von Beteiligung ab dem Kindesalter zu schaffen. Menschen sollten ermutigt werden, sich aktiv in ihre Gemeinschaft einzubringen und Verantwortung für das gemeinsame Wohl zu übernehmen.

In einer funktionierenden Demokratie ist dabei entscheidend, dass alle Menschen gleiche Rechte und Chancen haben und dass ihre Stimmen gehört und respektiert werden. Dies gilt für alle Generationen – im Kindergarten, in der Schule, von jungen Menschen, die gerade ihre politische Stimme finden, über ältere Menschen, die ihre Lebenserfahrung und Weisheit einbringen können, bis hin zu Politikern, die demokratisch gewählt wurden, um die Interessen aller zu vertreten und nicht nur ihre eigenen.

maxpress/Holger Herrmann

Beirat mischt mit-Senioren der Stadt bringen sich ein

Schwerin • Wer sich für ältere Mitmenschen engagieren möchte, kann das im Seniorenbeirat der Stadt tun. Die Vertreter dieses Gremiums sind in vielen Ortsbeiräten Ansprechpartner für Probleme und Wünsche der Menschen im höheren Alter. Gleichzeitig soll der Beirat beratendes Gremium für die Verwaltung und Politik sein. Vorsitzender des städtischen Seniorenbeirates ist Joachim Kießling. Er kritisiert allerdings im Tätigkeitsbericht 2023: „Es ist bedauerlich, dass der Beirat nur zu zwei Stellungnahmen von der Verwaltung aufgefordert wurde. Unsere Anliegen und Vorschläge werden unser Meinung nach nicht immer mit der gebotenen Ernsthaftigkeit behandelt.“ Konkrete Hilfe und Ansprechpartner finden ältere Menschen auch im Seniorenbüro der Stadt.

sho

Barrierefrei zählt-die Stimme vom Behindertenbeirat wird gehört

Schwerin • „Barrierefreiheit braucht jeder“, lautet das Credo der Vorsitzenden Angelika Stoof. „Menschen im Rollstuhl genauso wie Eltern mit Kinderwagen oder Fahrradanhängern.“ Der Behindertenbeirat hat ein Rede- und Antragsrecht in der Stadtvertretung. Vor allem aber berät er die Verwaltung in vielerlei Fragen – bei der Gestaltung von Spielplätzen, Gehwegen, Parkplätzen, in Toilettenfragen und nicht zuletzt im Nahverkehr. Mehr Griffe und Rollstuhlplätze sowie eine zusätzliche Rampe in Straßenbahnen sind ein Beispiel. Auch sensibilisiert er dafür, wie sich Handicaps anfühlen – bei Veranstaltungen mit einem Rollatorparcours oder einer Brille, die Blindheit simuliert.

ms

Kinderrecht gilt-Partizipation schon in Kitas und Horten

Schwerin • Die AWO bezieht die Kinder schon früh in Entscheidungen ein. „Zum Beispiel bei der Bewertung des Mittagessens“, sagt Simone Mühlbauer, Kita-Bereichsleiterin der AWO Schwerin. „Hat es geschmeckt, werfen die Kinder einen grünen Ball in einen Acrylbehälter, war es nicht so lecker, wird der rote Ball benutzt.“ Dieses Feedback wird der Küche mitgeteilt und darauf entsprechend reagiert. Bei der Kita gGmbH gibt es in allen Einrichtungen Kinderräte, die Wünsche aus den Gruppen vertreten. Mitbestimmung wird gelebt – zum Beispiel bei der Besprechung für das neue Hortgebäude „Future Kids“. Die Kinder haben für das Außengelände ihre Wünsche gemalt und geäußert, sodass der Landschaftsbauer sie nun berücksichtigen wird.

sho

Gelebte Toleranz-Klub Einblick engagiert sich für queere Menschen

Paulsstadt • Christian Wendt ist 30 und seit 2016 Vorsitzender des 1989 gegründeten Vereins, der sich um die Beratung und Aufklärung von Menschen jeglichen Geschlechts kümmert. „Wenn man es historisch sieht, hat sich die Akzeptanz queerer Menschen in den letzten Jahren deutlich verbessert. Auch durch das Selbstbestimmungsgesetz sind gerade unsere Rechte gestärkt worden“, sagt er. „Auf der politischen Ebene arbeiten wir gut mit der Stadt zusammen und finden Gehör, im Schweriner Alltag erleben wir immer noch Anfeindungen, oder bekommen blöde Sprüche, wenn wir als schwules Paar Händchen halten. Schwerin ist sehr konservativ“, so Wendt.

sho

Stimmen zur Demokratie

Malte Burwitz,Vorstandsvorsitzender Stadtsportbund

In Sportvereinen wird Demokratie gelebt, da alle wichtigen Entscheidungen eines Vereins durch die Mitgliederversammlung getroffen werden. Etwas anders sieht es bei Fragen zu Trainingsinhalten aus, welche abhängig vom Ziel in der Regel vom jeweiligen Trainer oder Übungsleiter vorgegeben werden.

Anne-Katrin Schulz, Sara Köhler, Stadtteilmanagerinnen Quartier 63,

Transparente Abstimmungsprozesse sind das A und O. Wir arbeiten eng mit lokalen Interessengruppen und Anwohnern zusammen. Das stärkt das Zugehörigkeitsgefühl und fördert ein lebendiges Miteinander. Offenheit, Akzeptanz, Toleranz und eine gesunde Diskussionskultur sind dabei unerlässlich.

Matthias Kunze, Präsident UV Mecklenburg-Schwerin

Als Unternehmer nutzen wir unser Recht auf Meinungsfreiheit und üben Kritik, wo nötig. Jedoch ohne an den demokratischen Prinzipien und Werten in diesem Land zu zweifeln. Demokratie, auch in unserem Verband, lebt vom Mitwirken, Streiten, Handeln und Respekt.