Von außergewöhnlichem universellen Wert
Bewerbung des Schweriner Residenzensembles fürs Weltkulturerbe wurde planmäßig eingereicht
Schwerin • Seit 2014 hieß es warten, zum 1. Februar endlich konnte Schwerin die Bewerbung zum Weltkulturerbe bei der UNESCO in Paris einreichen. „Wir feiern damit einen Meilenstein“, sagte Oberbürgermeister Rico Badenschier, als im Dezember Landtag, Land und Landeshauptstadt den Abschluss der Bewerbungsphase feierten. Was wie ein Finale klang, war aber erst der Auftakt. Denn jetzt erfolgt die Prüfung der Bewerbung und die Beurteilung der 37 Bestandteile des Residenzensembles. Wenn alles klappt, wird „der außergewöhnliche universelle Wert“ bestätigt und schließlich der Titel „Weltkulturerbe“ verliehen.
„Wir sind dazu absolut positiv eingestellt“, sagen sowohl Linda Holung (Foto unten), Welterbe- Koordinatorin bei der Stadtverwaltung, als auch Joachim Brenncke, Vorsitzender des Welterbe Fördervereins. „Eines von zehn Kriterien bei der UNESCO muss bei der Bewerbung gelten. Wir haben sogar zwei anführen können. Darin geht es um ein einzigartiges oder außergewöhnliches Zeugnis einer Kultur sowie um architektonische oder technologische Besonderheiten, mit denen bedeutsame Abschnitte der Menschheitsgeschichte versinnbildlicht werden.“ Dies alles nachzuvollziehen klingt für den Laien schwierig und war selbst für den wissenschaftlichen Beirat harte Arbeit in den vergangenen Jahren. Unzählige Gebäude, Plätze und Gärten wurden untersucht und schließlich eine Liste mit mehr als 30 Bestandteilen des Residenzensembles zusammengestellt.
Ein Zeugnis des Herzogtums
Alle Bestandteile gehen auf die Herzöge beziehungsweise Großherzöge zurück, entweder direkt als Bauherr oder indirekt durch deren Einfluss – wie bei den Villen in der Werderstraße oder als Teil der Infrastruktur des Residenzensembles im Fall der drei Gebäude der ehemaligen Hoflieferanten. „Alle Gebäude wurden auf Authentizität und Integrität geprüft: Es existiert eine hohe Qualität an historischem Baubestand. Dies ist absolut schützenswert“, betont Linda Holung. Zudem kann Schwerin stark vom Welterbe-Titel profitieren. „Das Schloss allein ist bereits ein Höhepunkt europäischer Schlossbaukunst des 19. Jahrhunderts. Alle Bestandteile stehen zudem bereits unter Denkmalschutz und würden durch die Auszeichnung eine ganz neue Aufmerksamkeit bekommen“, ergänzt Joachim Brenncke. „Zu erwarten ist ein größeres touristisches Interesse für unsere schöne Stadt.
Daran werden Kultur und Wirtschaft wachsen. Wir haben eine nachhaltige Entwicklung im Sinn. Ein detaillierter Management- Plan ergänzt deshalb die Bewerbung zum Welterbe.“ Zahlreiche private Förderer unterstützen den Prozess mittlerweile – dies wird die UNESCO bei der Bewertung hoffentlich mit anerkennen.
maxpress/Janine Pleger
Hintergrund
Die Bewerbung zum Welterbe enthält eine wissenschaftliche Begründung sowie einen detaillierten Managementplan zum Schutz und Erhalt der Bestandteile. Aus Mecklenburg-Vorpommern gingen die Bewerbungsunterlagen an die Ständige Vertretung der Kultusministerkonferenz sowie an die Koordinierungsstelle Welterbe im Auswärtigen Amt, und wurden von dort am 1. Februar 2023 bei der UNESCO in Paris eingereicht.
Das Ensemble auf dem Prüfstand
Schwerin • Wer Weltkulturerbe werden möchte, muss Durchhaltevermögen beweisen: Laut Konvention gilt es, den „außergewöhnlichen universellen Wert“ aufzuzeigen, zum Beispiel im internationalen Vergleich. Zudem muss mindestens eines von zehn Kriterien der UNESCO erfüllt werden und pro Jahr kann nur ein Antrag je Vertragsstaat eingereicht werden. Schwerin steht bereits seit 2014 auf der sogenannten Tentativliste, also in Warteposition auf die Bewerbung.
Jetzt, nachdem der Antrag fristgerecht zum 1. Februar abgegeben worden ist, beginnt die Evaluationsphase: ICOMOS – eine Vereinigung von Denkmalpflegern und Kunsthistorikern – ist als Beraterorganisation der UNESCO tätig und wird alle Unterlagen prüfen. Zudem wird ein Gutachter im Laufe des Jahres Schwerin bereisen und sich die Gebäude, Gärten und Plätze vor Ort ansehen. Hierbei spielt es auch eine Rolle, inwieweit sich die Bürger der Stadt mit der Bewerbung identifizieren – denn der UNESCO ist es wichtig, dass es neben der kommunalen Initiative zahlreiche Fürsprecher gibt, wie zum Beispiel den Welterbe Förderverein.
Die Beurteilung der Schweriner Bewerbung wird bis zum Sommer 2024 andauern. Die Entscheidung fällt dann in der anschließenden jährlichen Sitzung des Welterbe-Komitees – es ist also weiter Geduld gefragt.
maxpress/jpl