Wenn die großen Glocken läuten
Im Dom gibt es die größte und die älteste Glocke Schwerins
Altstadt • Was wäre ein Sonntagvormittag in der Adventszeit ohne das vieltönige Glockengeläut der Kirchen in der Innenstadt? Glocken gehören seit Jahrhunderten zum Klang der Stadt. Die wenigsten Schweriner machen sich jedoch Gedanken darüber, welche bewegte Geschichte hinter den Geläuten steckt und welche bronzenen Schätze sich in der Landeshauptstadt verstecken. Die hauspost hat sich in Schwerin auf die Spuren der metallenen Instrumente begeben.
Viele Glocken, auch einige in Schwerin, sind den zwei Weltkriegen zum Opfer gefallen. Sie wurden jedoch nicht durch Bomben zerstört, sondern für die Rüstungsindustrie eingeschmolzen. In der Schweriner Domgemeinde traf es drei Glocken des klangvollen Fünfergeläuts. Die zwei Glocken, die in den Weltkriegen verschont wurden, stammen aus den Jahren 1363 und 1470. Erstere ist damit die Älteste in der Landeshauptstadt.
Obwohl die beiden mittelalterlichen Glocken schon mehrere Jahrhunderte auf der Rippe haben, ist die Geschichte hinter dem bronzenen Instrument deutlich älter. „Ich finde es sehr spannend, dass die Glocke gar nichts Europäisches ist, sondern aus China stammt. Dort hat sie eine viel längere Tradition, die von der christlichen Kirche irgendwann aufgegriffen wurde”, erklärt Pastor Volker Mischok (Foto) von der Domgemeinde.
Er selbst hat auch miterlebt, wie 1991 das Geläut wieder vervollständigt wurde. Damals kam eine Glocke von 4,8 Tonnen hinzu – die größte und schwerste Glocke der Stadt.
Um eine der Dom-Glocken rankt sich außerdem eine Sage: Sie soll als Geschenk zweier Fischer in den Besitz der Domgemeinde gekommen sein. Jene Fischer sollen einst auf dem Schweriner See unterwegs gewesen sein, als sie am Ufer zwei seltsam gekleidete Knaben entdeckten, die darum baten, mitgenommen zu werden. Auf der Mitte des Sees sollen sich die Fischer zu ihren Passagieren umgesehen haben, doch diese seien plötzlich verschwunden gewesen. An ihrer Stelle standen zwei Kisten – eine davon gefüllt mit Gold, das gerecht aufgeteilt wurde. Die andere enthielt eine grüne Glocke, welche die Fischer dem Dom schenkten und die heute noch mit ihrem Wohlklang verzaubert. Den Zauber der Domglocken kennt Volker Mischok nur zu gut. Gäste, die den Dom besichtigen, nehmen gerne die 170-stufige und nur knapp einen Meter breite Wendeltreppe hinauf in die Glockenstube in Kauf. „An einem Tag habe ich drei Gruppen nacheinander hinauf und wieder hinunter begleitet”, erinnert sich der Pastor. Als er nach dem dritten Abstieg nach Hause radeln wollte, habe er jedoch festgestellt, dass er seine Fahrradschlüssel irgendwo auf den Treppen verloren hatte und erklomm die Stufen noch ein viertes Mal. Der Anblick der schönen Glocken und die Aussicht vom Glockenturm seien den Auf- und Abstieg aber immer wieder wert, versichert Volker Mischok. Auch in der Advents- und Weihnachtszeit werden die Schweriner den großen Dom-Glocken lauschen können.
nr
Fotos: maxpress