Visionen und Pläne rechtzeitig auf den Weg bringen

Aufsichtsratsvorsitzender Gerd Rudolf plant jährlich die Investitionen des NVS

Schwerin • WLAN in Straßenbahnen, moderne Monitore für Fahrgastinformationen, neue mobile Fahrscheinautomaten, E-Busse – der Nahverkehr Schwerin bleibt in Sachen Innovation auf Spur. Wie schwierig es hierbei aber sein kann, sämtliche Ausgaben und Investitionen eines Jahres zu planen und unter den Hut zu bekommen, weiß Aufsichtratsvorsitzender Gert Rudolf. Denn er und die anderen acht Mitglieder im Aufsichtsrat legen die Geschäftstätigkeit des NVS in einem umfassenden Wirtschaftsplan fest.

„So ein Plan bildet die Handlungsgrundlage für das Unternehmen und wir überprüfen, ob alles eingehalten wird“, sagt Gert Rudolf. Vereinfacht bedeutet das: Was kommt rein? Was geht raus? Nicht nur Personal- und Energiekosten, EDV und Technik werden berücksichtigt, sondern auch die Bewirtschaftung von Haltestellen und Parkräumen, der Ausbau von Schienen und natürlich besondere Investitionen. „Investitionen fallen meist brockenweise an, weshalb wir hier auf Unterstützung vom Land angewiesen sind. Momentan gibt es zwei Schwerpunkte: die anstehende Hauptuntersuchung der Straßenbahnen und die Beschaffung der E-Busse.“
Beim NVS sind Straßenbahnen technisch immer in einem akkuraten Zustand. Schließlich werden sämtliche Verschleißteile regelmäßig an unterschiedlichen Maschinen in der hauseigenen Schienenfahrzeugwerkstatt überprüft. Alle paar Jahre steht zusätzlich die gesetzlich vorgeschriebene Hauptuntersuchung an. „Die Bahnen werden dann komplett auseinander gebaut. Und auch wenn man meint ,das sieht doch noch gut aus’ oder ,das funktioniert doch noch’ – so einfach ist es nicht. Bestimmte Teile werden immer kleiner, die Technik wird komprimierter. Den Weg der Innovation müssen wir allein schon deshalb mitgehen, da irgendwann sonst kein Unternehmen mehr die älteren Ersatzteile liefert. Das ist ähnlich wie bei ganz alten Handys oder Computern“, so Gert Rudolf. Bis alle 30 Straßen-
bahnen mit der Hauptuntersuchung durch sind, investiert der NVS circa sechs Jahre und insgesamt circa 30 Millionen Euro.
Zweites großes Thema sind die E-Busse. Schließlich will die Stadt Schwerin bis zum Jahr 2050 die CO2-Emissionen auf Null senken und CO2-neutral werden. Für die ersten acht E-Busse wurde der Fördermittelantrag vom Land bereits bewilligt. „So ein Bus allein kostet 750.000 Euro. Hinzu kommt dann ja zum Beispiel noch die Anpassung von Infrastruktur und Werkstätten. Aber Schwerin will ja auch nicht hinten an stehen.“
Technologien, Visionen und Pläne rechtzeitig auf den Weg zu bringen, sei immer wichtig. Für den Aufsichtsratsvorsitzenden heißt es deshalb stets volle Fahrt voraus, anstatt auf die Bremse zu treten. Er weiß, wovon er spricht: „Ich wohne direkt am Platz der Freiheit, erlebe den Nahverkehr also hautnah mit. Über die Jahre sind die Fahrzeuge so leise geworden, dass ich mittlerweile sogar mit offenem Fenster schlafen kann“, so der Versicherungsmakler, den es hin und wieder auch in ferne Länder zieht. „Ganz ehrlich? Manchmal, wenn ich dann wieder in der Heimat bin, bin ich richtig froh, dass wir hier bei uns so einen hohen Qualitäts- und Sicherheitsstandard ­haben.“

BU: Mechatroniker Maik Schwabe zeigt Gert Rudolf die Fahr- und Bremselektronik auf dem Dach einer Straßenbahn, Foto: maxpress

Text: Marie-Luisa Lembcke