SWS: Wärme aus den Tiefen der Erde

In Lankow wird eine Geothermieanlage für Schwerin gebaut

Lankow • Die Tage werden kürzer und kälter, in vielen Haushalten wird bereits die Heizung aufgedreht. Wie genau die Heizung warm wird, fragt sich dabei kaum jemand. Dabei ist es doch sehr interessant zu wissen, dass viele Schweriner Haushalte bald mit Wärme aus den Tiefen der Erde geheizt werden. Dafür entsteht derzeit in Lankow eine Geothermieanlage.

Geothermie – oder auch Erdwärme – beschreibt die Nutzung von heißem Thermalwasser. Diese Sole wird durch kilometertiefe Bohrungen an die Erdoberfläche gepumpt. Dem Wasser wird seine Wärmeenergie ent­zogen. Diese wird dann in das Fernwärmenetz der SWS eingespeist. Die Geothermi­eanlage in Lankow nutzt die guten geologischen Vor­aussetzungen der Region, um die klima­freundliche und nachhaltige Energiegewinnung in Schwerin voranzutreiben. Betreiber ist die Energieversorgung Schwerin GmbH & Co. Erzeugung KG (EVSE), eine Tochter der Stadtwerke Schwerin GmbH (SWS).
Doch welche Vorteile hat diese Form der Energiegewinnung? Erdwärme ist eine unerschöpfliche Quelle, die das ganze Jahr über und unabhängig von Klima oder Jahreszeit genutzt werden sowie kostengünstig gespeichert werden kann. Die Nutzung fossiler Brennstoffe wird reduziert – das ist ein wichtiger Schritt zur angestrebten CO2- Neutralität der Landeshauptstadt Schwerin bis 2050. Durch das sehr gut ausgebaute Fernwärme­netz in Schwerin kann die geothermische Energie optimal ausgenutzt werden. Die Nutzung des geothermischen Potentials für eine nachhaltige Wärmeversorgung ist auch in anderen Gegenden unseres Landes ein aktuelles Thema. So gibt es beispielsweise in Rostock und Greifswald, und sogar in Hamburg, Bestrebungen, Erdwärme nutzbar zu machen.

Zwei tiefe Bohrungen im Stadtteil Lankow

Für das Tiefengeothermievorhaben sind zwei Bohrungen bis zu einer Tiefe von circa 1.200 Metern erforderlich– eine Förderbohrung (rot) und eine Injektionsbohrung (blau). Die Förderbohrung und die Geothermie­-
zentrale befinden sich auf dem Gelände des Heizkraftwerks in Lankow. Die Injektionsbohrung wird 900 Meter entfernt auf dem Gelände des Sportparks in der Ratzeburger Straße vorgenommen. Die beiden Bohrlöcher sind mit der Geothermiezentrale verbunden und werden zusammen auch als Dublette bezeichnet. Mit Hilfe des Erddrucks und einer leistungsstarken Förderpumpe wird das Thermalwasser an die Erdoberfläche gebracht.

Ein großes Projekt zum Erleben

Der Bau der Geothermieanlage ist nicht nur für die Stadtwerke Schwerin und den Betreiber, die EVSE, ein spannendes Unterfangen. Auch Anwohner, Schüler und viele Schweriner finden die Maßnahmen rund um das Bohrloch interessant. Aus diesem Grund bieten die Stadtwerke Besichtigungen bereits während der Bohrphase an. Darüber hinaus gibt es auf der Unternehmens-Website unter stadtwerke-schwerin.de/
home/ueber_uns/geothermie  ausführliche Informationen zum Projekt. Ein Film erklärt, wie Geothermie funktioniert. Mit Hilfe der Webcam am HKW Lankow kann der Fortschritt beim Bau beobachtet werden. Diverse Dateien mit konkreten technischen Informationen zu den verschiedenen Komponenten der Anlage stehen zum Download bereit. Und wer die Anlage persönlich besuchen möchte, kann sich über die Formulare unter dem Link „Besichtigungen“ zu ganz individuellen Führungen anmelden.
Von Anfang Oktober bis Ende November haben interessierte Bürgerinnen und Bürger, aber auch Schülerinnen und Schüler immer mittwochs die Chance, die Baustelle während der Bohr­phase zu besichtigen. Am Vormittag finden jeweils um 9 und 10 Uhr Rundgänge für Schulklassen statt, nachmittags dann um 16 und 17 Uhr  für Einzelbesucher oder Erwachsenengruppen. Eine Anmeldung ist in jedem Fall erforderlich. Die Rundgänge mit den Führungen sind kostenfrei.

Umweltfreundliche Fernwärme für Schwerin

Mit der künftigen Nutzung der Erdwärme kann der Einsatz fossiler Brennstoffe bei der Fernwärmeerzeugung reduziert werden. Dazu werden die sinnbildlichen zwei Wärme-Kreisläufe kombiniert.
Im Kreislauf 1 wird das Thermalwasser aus einer Tiefe von circa 1.200 Meter gefördert und gelangt über die Brunnenstube in die Geothermiezentrale. Dort wird in Wärmetauschern diesem etwa 50 Grad Celsius warmen Thermalwasser die Wärmeenergie entzogen und damit das Wasser in einem Zwischenkreislauf erhitzt. Die in diesem Verfahren abgekühlte Sole wird über die Injektionsbohrung zurück ins Erdinnere verpresst. Währenddessen wird das erwärmte Wasser in diesem Zwischenkreislauf mittels Wärmepumpen ausgekühlt. Die entnommene Wärmeenergie wird dem Fernwärmenetz zugeführt und dieses Wasser bereits in der Geothermiezentrale auf 70 bis 75 Grad Celsius erhitzt und danach zum Heizkraftwerk geleitet. Je nach Bedarf kann es dort auf 80 bis 130 Grad Celsius erhitzt werden, bevor es in das Fernwärmenetz eingespeist wird und so in die Haushalte gelangt. Der Kreislauf schließt sich, in dem das abgekühlte  Fernwärmewasser aus der Fernwärmeversorgung zur Geothermiezentrale zurück fließt und dort im Wärmetauscher erneut mit der frisch geförderten Erdwärme aufgeheizt wird. Durch die Nutzung der Erdwärme werden bei der Temperierung des Fernwärmewassers weniger Brennstoffe benötigt – das ist klima­freundlicher und macht das Unternehmen gleichzeitig unabhängiger von den Preisentwicklungen des Gasmarktes. „Für uns ist das ein sehr wichtiges Projekt, denn es steht maßgeblich für die weitere energietechnische Ausrichtung der Stadtwerke. Wir bringen damit in Schwerin die Erneuerbaren Energien auf den Wärmemarkt”, so Geschäftsführer Dr. Josef Wolf.

Offizieller Bohrstart

Am 1. Oktober vollziehen die Stadtwerke den offiziellen Bohrstart für das Tiefengeothermieprojekt im Kreise von Vertretern aus Politik, Wirtschaft und interessierten Stadtwerken der Region. Energieminister Christian Pegel und Schwerins Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier werden sich diesen besonderen Abschnitt bei der weiteren Verbesserung der Energieversorgung nicht entgehen lassen und haben ihr Kommen angekündigt. Sie alle wollen dabei sein, wenn der Bohrer seine Arbeit aufnimmt. Sechs bis acht Wochen wird es dauern, bis die Tiefe von circa 1.200 Metern erreicht ist.

Sicherheit hat Priorität

Wer an den Führungen auf der Anlage teilnehmen will, muss besondere Sicherheitsbestimmungen beachten:
• Auf dem gesamten Gelände gilt Helmpflicht.
• Auf dem Gelände gilt absolutes Rauchverbot.
• Teilnehmer dürfen nur die ausgewiesenen Wege nutzen.
• Das Befahren des Geländes mit privaten Fahrzeugen ist untersagt.
Rund um das Firmengelände stehen nur begrenzt Parkplätze zur Verfügung. Besucher werden gebeten, Busse und Bahnen des Nahverkehrs zu nutzen.
Für die Anfahrt mit einem Reisebus wird um vorherige Abstimmung bei der Anmeldung gebeten, damit ein entsprechender Parkplatz zur Verfügung gestellt werden kann.

Nacht des Wissens auf der Geothermieanlage

Auch in diesem Jahr sind die Stadtwerke bei der „Nacht des Wissens” am 20. Oktober mit dabei. Interessierte Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen, sich in der Zeit von 17 bis 22 Uhr bei Führungen über die Geothermie-Anlage  in der Grevesmühlener Straße 28b
Einblicke in den Bauablauf zu verschaffen. Unsere Fachleute erläutern die Funktionsweise der sogenannten Geothermiezentrale und beantworten Fragen rund um das Thema Tiefengeothermie.

Text: Nele Reiber/SWS
Foto: maxpress
Grafiken: SWS

BU 1: In unmittelbarer Nähe zum Heizkraftwerk der EVSE entsteht das erste Bohrloch für das Erdwärmevorhaben

BU 2: Visualisierung der Förderbohrung (r.) und der Injektionsbohrung (l.) in Lankow

BU 3: Visualisierung: So wird die Erdwärme zur Fernwärme für Schweriner Haushalte