Stadtvertretung sagt: Bürgerbegehren ist nicht zulässig

Vorerst kein Bürgerentscheid zu Verkauf von Grundstück an Islamischen Bund

Schwerin • Hunderte Menschen demonstrierten am 8. April friedlich vor dem Rathaus der Landeshauptstadt. Ihr Wunsch: Ein weltoffenes Schwerin, in dem jeder seine Religion ganz nach Artikel 4 des Grundgesetzes ausüben kann. Ihren Appell richteten die Demonstranten vor allem an die Mitglieder der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Schwerin. Sie mussten in ihrer Sitzung über den Antrag der AfD zu einem Bürgerbegehren abstimmen. 

Mehr als 5.000 Unterschriften hatte die AfD für ihren Antrag auf einen Bürgerentscheid mit der Zielstellung "Kein Verkauf eines stadteigenen Grundstücks an den Islamischen Bund e. V." gesammelt. Die Stadtverwaltung erklärte mehr als 4.000 Stimmen für gültig - so viele waren mindestens nötig, um ein Bürgerbegehren durchzubringen.

Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit verwies die Stadtverwaltung in Vorbereitung auf die Stadtvertretersitzung jedoch darauf, dass der Antrag rechtswidrig sei. Sie riet in Ihrem Antrag dazu, das Bürgergehren als nicht zulässig zu bewerten. „Ein Bürgerbegehren muss laut Kommunalverfassung bestimmt sein. Die Bestimmtheit fehlt hier jedoch“, so Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier. In der Zielstellung werde kein konkretes Objekt genannt, obwohl es in den aktuellen Diskussionen um die ehemalige Kaufhalle in der Otto-von-Guericke-Straße gehe. Auch das Innenministerium verwies in einer Stellungnahme auf § 20 Absatz 5 Satz 3 der Kommunalverfassung (KV M-V). Das Bürgerbegehren sei demnach in formeller Hinsicht unzulässig.

Petra Federau (AfD) zeigte sich in ihrer Wortmeldung vor der Entscheidung des Stadtvertretung erbost. Ihr sei im November von der Stadtverwaltung die Rechtsgültigkeit des Bürgerbegehrens attestiert worden. Sollte die Stadtvertretung nicht zustimmen, werde die AfD eine Klage beim Verwaltungsgericht einreichen. Auch Silvio Horn (UB) wies auf die frühere Stellungnahme der Verwaltung hin, die eine rechtliche Unbedenklichkeit bescheinigte. „Wir waren immer für ein Bürgerbegehren. Man sollte keine Angst davor haben, die Bürger einzubeziehen und ihre Entscheidung zu akzeptieren“, gab er außerdem zu bedenken.

Der Oberbürgermeister und die Redner der anderen Stadtfraktionen sahen in der Rechtswidrigkeit des Begehrens jedoch keinen Zweifel. Die AfD sei spätestens in der Januar-Sitzung der Stadtvertretung auf die nicht zulässige Form ihres Antrags hingewiesen worden, habe jedoch nicht reagiert. Die Stadtvertreter fanden dafür zum Teil sehr deutliche Worte. „Sie haben es versaut, indem Sie den Paragraphen der Kommunalverfassung missachtet haben“, so Gerd Böttger (Linke). „Die AfD versucht Themen am köcheln zu halten, weil es ihnen an kommunalen Themen mangelt“, warf Cornelia Nagel (Grüne) der Fraktion vor. Abschließend stimmte eine Mehrheit (8 Gegenstimmen, 2 Enthaltungen) dafür, das Begehren als nicht zulässig zu bewerten und lehnte einen weiteren Antrag der AfD zu einem Bürgerentscheid mehrheitlich ab.

Einige der zahlreich erschienen Bürger im Publikum zeigten sich vom Votum der Stadtvertreter wenig begeistert. Wegen Buh-Rufen für die Gegner des Bürgerbegehrens und Applaus für AfD-Redner musste Stadtpräsident Stephan Nolte mehrmals zur Ordnung rufen und beinahe die Tribüne räumen lassen.


Zu den Hintergründen

Wird in Schwerin eine Moschee gebaut? Diese Frage beschäftigt seit einigen Monaten die Menschen in der Landeshauptstadt. Dabei gibt es eine klare Antwort: Nein, es gibt keine Pläne, eine Moschee zu bauen. Doch die islamische Gemeinde in Schwerin steht vor Platzproblemen und die müssen gelöst werden.

Das im Eigentum der Stadt befindliche Grundstück in der Otto-von-Guericke-Straße 1a soll nicht an den Islamischer Bund in Schwerin verkauft werden. Die Stadt will dem Verein stattdessen ein Erbbaurecht für die Immobilie am südlichen Ende der Hamburger Allee anbieten. „Wir verstehen die Sorgen und werden das Grundstück nicht verkaufen, um als Verpächter weiterhin kommunalen Gestaltungsspielraum zu behalten. Gleichzeitig können wir der sunni­tischen Gemeinde als Ersatz für das bisherige Mietobjekt damit ausreichend große Räumlichkeiten anbieten“, begründet Oberbürgermeister Rico Badenschier. Bereits 2014 hatte die Stadtvertretung die Stadtverwaltung beauftragt,  alternative Standorte für die Unterbringung der sunni­tischen Gemeinde zu prüfen.

Auf dem Grundstück in der Otto-von-Guericke-Straße 1a  befindet sich eine Kaufhalle, die bereits seit Ende der 1990er-Jahre leer steht. Die Stadt müsste sie ansonsten abreißen. Der Islamische Bund in Schwerin e.V. (IBS) hat  Interesse an dem Grundstück, weil die Gemeinde schon seit mehreren Jahren einen neuen Standort für ihr zu klein gewordenes  Gemeindezentrum sucht.

Das Kaufhallengebäude soll saniert und zu einer Moschee mit Gemeindezentrum umgebaut werden. Das Gemeindezentrum soll als interreligiöse und interkulturelle Begegnungsstätte dienen und Integrationsaktivitäten, insbesondere von Frau­en, Jugendlichen und Kindern fördern. Die Sanierung des Gebäudes mit Außenanlagen erfolgt über Eigenleistungen, aus eigenen Mitteln des Islamischen Bundes und aus Spenden. Innerhalb der ersten drei Jahre sollen dabei etwa 260.000.00 € investiert werden.

Derzeit befindet sich das Gemeindezentrum der Islamischen Gemeinde in einer ehemaligen Kita in der Von-Stauffenberg-Straße 29. Die räumliche Situation hat sich damit nach dem Umzug aus der ehemaligen Kita Anne-Frank-Straße 31 nicht wesentlich verbessert. In den von der Stadt angemieteten Räumlichkeiten müssen die Freitagsgebe derzeit in zwei Schichten abgehalten werden, weil bis zu 400 Gläubige Platz finden müssen. Zeitweise fanden die Gebete wegen des großen Andrangs sogar in einer Turnhalle statt, die ebenfalls die Stadt vermietet hatte.

Unterdessen strebt die AfD in Schwerin derzeit ein Bürgerbegehren „Kein Verkauf eines stadteigenen Grundstücks an den Islamischen Bund Schwerin e.V.“ an und hat dazu heute  Listen mit ca. 5.500 Unterschriften an Stadtpräsident Stephan Nolte übergeben.  „Wir werden zunächst einmal mit der Prüfung der Unterschriften beginnen“, so Stadtpräsident Stephan Note. Ein Bürgerbegehren kann von der Stadtvertretung nur dann beschlossen werden, wenn es von mindestens  4000 wahlberechtigten Schwerinerinnen und Schwerinern unterstützt wird. Danach muss die Stadtvertretung in Abstimmung mit der Rechtsaufsichtsbehörde die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens feststellen.

Das sagen die Fraktionsvorsitzenden: Frage an die Fraktionsvorsitzenden

22.3.2019:
Die Wahlbehörde der Landeshauptstadt Schwerin hat die Überprüfung der Unterschriften für das Bürgerbegehren „Kein Verkauf eines stadteigenen Grundstücks an den Islamischen Bund Schwerin e.V.“ abgeschlossen. Das amtliche Endergebnis wurde heute den Antragstellern und der Stadtvertretung mitgeteilt.

Die städtische Wahlbehörde hat nach Abgleich der am 28. Februar 2019 eingereichten Listen mit dem Wahlregister und den amtlichen Meldedaten ermittelt, dass von den 5675 abgegebenen Unterschriften 3753 Unterschriften (66,13 %) von wahlberechtigten Schwerinerinnen und Schwerinern stammen. Sie sind damit gültig. Ungültig sind 1922 Unterschriften (33,87%). Unter den ungültigen Unterschriften sind 91 Mehrfachunterschriften.
„Die Stadtvertretung  muss jetzt im nächsten Schritt die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens in Abstimmung mit der Rechtsaufsichtsbehörde feststellen“, so der Leiter des Fachdienstes Hauptverwaltung Hartmut Wollenteit. Die entsprechende Vorlage wird am 2. April im Hauptausschuss eingebracht und in der Stadtvertretersitzung am 8. April zur Abstimmung stehen. Die AfD in Schwerin hatte am 28. Februar 2019 Listen mit 5675  Unterschriften an den Stadtpräsidenten Stephan Nolte übergeben.  Ein Bürgerbegehren kann von der Stadtvertretung beschlossen werden, wenn es bei der Stadtvertretung schriftlich beantragt und das Anliegen von mindestens 4000 wahlberechtigten Schwerinerinnen und Schwerinern unterstützt wird.

3.4.2019:
Die Initiatoren des Bürgerbegehrens „Kein Verkauf eines stadteigenen Grundstücks an den Islamischen Bund Schwerin e.V.“ haben am Mittwoch weitere Unterschriftenlisten bei der Wahlbehörde der Landeshauptstadt Schwerin eingereicht. Von den eingereichten 399 Unterschriften waren nach Abgleich mit dem Wahlregister und den amtlichen Meldedaten 285 gültig und 114 ungültig. Wie die städtische Wahlbehörde mitteilt, liegen nunmehr 4143 gültige Unterschriften von wahlberechtigten Schwerinerinnen und Schwerinern für das Bürgerbegehren vor. Ungültig waren 1931 Unterschriften. Insgesamt wurden 6074 Unterschriften eingereicht.
„Die Stadtvertretung  muss jetzt im nächsten Schritt die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens in Abstimmung mit der Rechtsaufsichtsbehörde feststellen“, so der Leiter des Fachdienstes Hauptverwaltung Hartmut Wollenteit. Die entsprechende Vorlage wird am 2. April im Hauptausschuss eingebracht und in der Stadtvertretersitzung am 8. April zur Abstimmung stehen.
Ein Bürgerbegehren kann von der Stadtvertretung beschlossen werden, wenn es bei der Stadtvertretung schriftlich beantragt und das Anliegen von mindestens 4000 wahlberechtigten Schwerinerinnen und Schwerinern unterstützt wird.