Soziales Wohnen als runde Sachen mit vielen Ecken

Neue Förderrichtlinie genügt nicht zur Problembehebung

Schwerin • In den Uni-Städten des Landes Rostock und Greifswald, aber auch in Neubrandenburg oder Schwerin macht sich der zunehmende Mangel an bezahlbarem Wohnraum immer mehr bemerkbar. Segregation – die soziale Spaltung zwischen „Arm“ und „Reich“ – ist die Folge. Das Problem: nur wenige Investoren sind bereit, Projekte für sozialen Wohnungsbau anzugehen. Um sie ein Stück weit zu motivieren, hat das Land vor kurzem mit neuen Förderrichtlinien reagiert.

Mit der Abschaffung der vierprozentigen Leerstands-Obergrenze können endlich auch Städten wie Schwerin, die einen Wohnungsleerstand von bis zu zehn Prozent aufweisen, auf Fördergelder hoffen. Diese sollen nun etwa ein Drittel der Investitionskosten – 700 bis 850 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche – decken. Insgesamt beträgt der Etat etwa 21 Millionen Euro. Das heißt: für den Investor könnte es künftig durchaus lukrativ sein, für Geringverdiener, Sozialhilfe-Empfänger und Asylbewerber zu bauen.
Doch es gibt eine Kehrseite der Medaille. Auch in der Landeshauptstadt entstehen vermehrt Wohnungen für die gehobene Klasse. Die teuren Quadratmeter mit Seeblick sind begehrt wie warme Semmel. Vor kurzem wurde zum Beispiel endgültig beschlossen, die historische Sportanlage Paulshöhe als Baufläche zu verkaufen. Die Fragen, die sich auch hier stellt: Haben Geringverdiener überhaupt noch eine Chance, in solchen noblen Gegenden zu wohnen, selbst wenn der soziale Wohnungsbau attraktiv gefördert wird? Wohl kaum, denn der Grundstückserwerb ist nicht Teil der neuen Förderrichtlinie. Es ist also sinnvoll, vor allem dorthin den Sozialbau zu verlegen, wo der Boden ohnehin günstig ist, sprich – in Armenvierteln.
Und überhaupt – ist der soziale Wohnungsbau tatsächlich immer sinnvoll? Hunderte von Flüchtlingen wohnen in Schwerin unter solchen Bedingungen, die alles andere als menschenwürdig sind.
Wer hätte wirklich Interesse, sie von der Misere zu erlösen – wenn auch mithilfe der Fördergelder? Der Leerstand bleibt nach wie vor hoch und für wenig Geld findet sich schon immer eine kleine Bleibe oder, besser gesagt, eine Bruchbude. „Fördern und Fordern“ – genau dieses Prinzip ist in den neuen Förderrichtlinien leider nicht berücksichtigt.
Der soziale Wohnungsbau ist eine rein freiwillige Veranstaltung. Und wenn der Investor lieber teuer und schick bauen möchte – wer soll ihn dann daran hindern?