Schwerer Verkehr setzt Allee zu

Pro Tag fahren fast 17.000 Autos durch Friedrichsthal

Schwerin • Entlang der westlichen Einfahrtstraße nach Schwerin kämpft ein besonderes Naturdenkmal ums Überleben. Die seltene Lärchenallee ist auf Grund ihrer Länge und des Alters einmalig in Europa. 1798 ließ Großherzog Friedrich Franz I. die Bäume am Straßenrand pflanzen.

Zu Herzogszeiten standen 140 Bäume auf einer Länge von 550 Meter Spalier, wenn das Jagdgefolge ausritt, um den Herzog in sein Jagdschloss am Friedrichsthaler Wald zu begleiten. Vor allem im Sommer genoss Friedrich Franz I. die Jagd in den umliegenden Waldgebieten. Von der damaligen Lärchen-Pflanzung existieren heute allerdings  nur noch 38 Nadelriesen. Trotzdem sind es über 280 Lärchen, die den Straßenrand säumen. Denn 1976 wurde die Lärchenallee von der Stadt deutlich auf eine Länge von 1,9 Kilometern verlängert. Erkrankte Bäume, die nicht mehr zu retten waren, wurden damals entfernt und Lückenbepflanzungen vorgenommen. 1988 wütete zudem ein heftiger Sturm in der Lärchenallee. „Damals sind viele junge Lärchen Richtung Lankow umgestürzt“, sagt German Knaak, Sachgebietsleiter bei der SDS. „Rund 20 Prozent des Baumbestandes wurden dabei zerstört.“

Bau der Umgehungsstraße führte zu Fällungen

Als 1990 die Planungen für eine neue Umgehungsstraße um Schwerin herum anfingen, kämpften viele Bürger gemeinsam mit dem BUND gegen die Querung der Lärchenalle. Grund: Diese Planung hätte einen optischen Einschnitt und 27 Lärchen-Fällungen bedeutet. Stadtpolitiker folgten dem Bürgerwunsch teilweise und favorisierten baulich eine Unterführung der Allee. Allerdings mussten trotzdem 25 Lärchen jüngeren Jahrgangs gefällt und anschließend durch neue ersetzt werden. Dadurch wurde zumindest die Länge und Optik der Allee und damit auch das Naturdenkmal erhalten. Baumerkrankungen führen aber auch heute noch dazu, dass Lärchen überprüft, behandelt und sogar aus Sicherheitsgründen gefällt werden müssen.
Seit 1997 kämpfen engagierte Schweriner um den Erhalt der Allee. Jedes Jahr pflanzen sie mindestens eine neue Lärche in die Alleelücken, gießen regelmäßig die Nachkömmlinge und übernehmen persönliche Patenschaften für die Bäume. „Das ist eine ungewöhnlich tolle Aktion von Bürgerengagement“, stellt Katharina Dujesiefken, Referentin für Baum- und Alleenschutz beim BUND e.V. fest. Trotzdem ist der Bestand der Lärchenallee in Gefahr. Die alten, teilweise über 220 Jahre alten noch verbliebenen Riesen mit einer Größe von 23 Metern, haben vermutlich nicht mehr lange zu leben. Grund: Seit 1936 wurde die Straße immer wieder baulich verändert, teilweise verbreitert und aufgeschüttet. Dadurch wurden Aufschüttungen an den Lärchen vorgenommen, die den Bestand bedrohten. Inzwischen sind die Lärchen an ihrem Übergang zu den Wurzeln wieder frei, doch immer wieder kommt es zu Aufschüttungen aus Gartenresten oder Rasenschnitt, die die Mulden verdichten. „Hier können Anwohner wirklich etwas für die Bäume tun, wenn sie darauf achten, dass die Mulden immer frei sind und der Sand am Übergang zur Wurzel zu sehen ist“, sagt German Knaak. „Durch solche Maßnahmen kann Baumfäulnis oder Pilzbefall verhindert und somit die Standfestigkeit der Lärchen stabilisiert werden.“

Schwerlastverkehr lässt Lärchenallee zittern

Einige Anwohner fürchten nach dem Sturz eines Riesen auf die Straße vor zwei Jahren allerdings um ihre Gärten und Häuser. Experten versichern aber, dass die Bäume, wenn sie ordentlich behandelt werden, sicher stehen. Ein großes Problem ist auch der Schwerlastverkehr auf der B 104. Er setzt den Herzwurzlern durch die Erschütterung des Bodens erheblich zu. Rund 16.800 Fahrzeuge fahren laut Hochrechnung der Stadt (Stand 2017) täglich über die Lärchenallee, davon 900 LKW über 3,5 Tonnen. Problematisch sich auch die Wintermonate. Obwohl die Lärche aufgrund ihrer Herkunft aus den Bergregionen ein recht robuster Nadelbaum ist, vertragen sie in dieser Zeit das Salz auf der Straße überhaupt nicht.

Tausalz im Winter nur noch an Gefahrenstellen

Durch das Tausalz wird die Wasseraufnahme in der Pflanze blockiert. „Die Lärche fällt durch ihre besondere Empfindlichkeit bei Wassermangel auf. Als Gebirgsbäume  benötigen sie eine stabile Wasserversorgung, die sie über ihr tiefreichendes Wurzelsystem im felsigen Grund sichern“, so der SDS- Experte. Ein Brandbrief an die Stadtvertretung für den Erhalt der Allee im Jahr 2001, der vom BUND und den Bürgern eingereicht wurde, führte teilweise zum Umdenken. Tausalz wird in der Lärchenallee bei Schnee nur noch auf Kreuzungen und in Gefahrenbereichen verwendet. Die Forderung nach einem Tempolimit auf 30 km/h und die Umleitung des Schwerlastverkehr wurde allerdings bis heute nicht umgesetzt.

Text: Holger Herrmann
Fotos: maxpress

BU 1: Fünf Baumriesen liegen in der Wolfsschlucht zur Anschauung für Schüler und Erwachsene. Sie sind über 220 Jahre alt, was sich an den Baumringen auszählen lässt

BU 2: Problem: Schwerlastverkehr führt zu erheblichen Erschütterungen des Bodens und lässt die Lärchen zittern    

BU 3: Unverständlich: Immer wieder werden die freien Mulden um die Lärchen herum mit Laub und Gartenabfällen zugeschüttet