Parkplätze reichen nicht
Schwerin bietet mehr Anwohnerparkausweise als Flächen an
Schwerin • Linda Kramer wohnt in der Bergstraße. Sie ist Büroangestellte und arbeitet von 8 bis 17 Uhr. Wenn sie danach mit dem Auto eine Parklücke sucht, plant sie schon mal zehn bis fünfzehn Minuten ein, die sie durch das Labyrinth der Einbahnstraßen fährt, um einen passenden Platz zu finden.
Für 30,70 Euro Jahresgebühr hat Linda Kramer einen Anwohnerparkausweis gekauft, bekommt aber als Anwohnerin oft keinen Platz für ihr Auto – zumindest nicht da, wo sie wohnt. Damit ist sie nicht allein – gerade in der Altstadt von Schwerin.
Grund dafür könnte sein, dass die Stadt mehr Parkausweise an die Bewohner ausgibt, als Anwohnerparkplätze vorhanden sind. Circa 5.800 Parkflächen stehen 7.900 ausgegebenen Parkscheinen gegenüber. Wer früh in den Feierabend geht, hat Glück und findet eine Lücke. Wer später kommt, muss sein Gefährt weiter weg von der Wohnung abstellen. Für Ärger bei den Anwohnern sorgt zusätzlich, dass häufig Firmenwagen von Handwerkern oder Außendienstlern die Anwohnerparkplätze blockieren, während auf den großen P+R-Plätzen in der Werderstraße oder auch am Bürgermeister-Bade-Platz/Hauptbahnhof viele Parkflächen frei sind.
3.369 sind das insgesamt. Doch die kosten Geld. Wie wäre es denn, diese Parkplätze auch für Schweriner mit Anwohnerparkausweis kostenlos zur Verfügung zu stellen? Linda Kramer hat für sich eine Lösung gefunden. Sie hat auf dem Innenhof ihres Wohnhauses einen teuren Parkplatz gemietet. Das geht ins Geld, aber nicht auf die Nerven.
Steffen Holz
Frage an die Fraktionsvorsitzenden:
Wie kann die Stadt ausreichend Anwohnerparkplätze bereitstellen?
Gert Rudolf, Fraktionsvorsitzender CDU/FDP
Die Einführung der Anwohnerparkzonen hat dafür gesorgt, dass Fremdparker verdrängt wurden und die Anwohner besser parken können. Die Zahl der Anwohnerparkplätze ist aber insgesamt zu klein, in einigen Bereichen ein Problem. Das in Arbeit befindliche Parkraumkonzept für Schwerin muss diesen Sachverhalt berücksichtigen. So müssen weitere Stellflächen unterschiedlicher Art im Innenstadtbereich geschaffen werden. Eine Parkpalette am Hauptbahnhof wäre hierbei ein geeigneter Schritt. Die dann mögliche Kombination aus sicherem Stellplatz und günstigem NVS-
Ticket stellt zudem eine sehr gute Lösung dar.
Gerd Böttger, Fraktionsvorsitzender Die PARTEI.DIE LINKE
Das Problem des Parkens von Pkw in der Innenstadt ist auch in Schwerin für viele Anwohner ein Ärgernis, da nicht genügend Parkplätze zur Verfügung stehen. Eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht. Denkbar ist der Bau von weiteren Parkhäusern. Deshalb begrüßen wir die Initiative des Nahverkehrs, auf dem Gelände des ehemaligen Gaswerkes am Bahnhof ein Parkhaus zu bauen. Es wäre gut, wenn die Verwaltung mit künftigen Investoren weitere Standorte für Parkhäuser auslotet. Der Ausbau des Park-and-ride-Systems ist ebenfalls wünschenswert, um ein Angebot an Menschen aus dem Umland zu machen, mit dem ÖPNV in die City zu gelangen.
Christian Masch, Fraktionsvorsitzender SPD
Die Stadt ist mit dem Parkplatzangebot schon jetzt an der Grenze des Machbaren. Das ergibt sich aus der geografischen Lage und der dichten Bebauung in der Innenstadt. Deshalb sollte auch die Parkplatznachfrage gesenkt werden. Das passiert einerseits durch Anwohnerparkzonen, andererseits kann das mit einem guten öffentlichen Nahverkehr gelingen. Aber auch den Fahrradverkehr so attraktiv zu gestalten, dass immer weniger Menschen auf das Auto angewiesen sind, trägt dazu bei. Das wird nicht nur zu einer besseren Parkplatzsituation führen, sondern auch zu weniger Staus und weniger Abgasen.
Dr. Hagen Brauer, Fraktionsvorsitzender AfD
Leider gar nicht. Anwohner-Parkkarten sind lediglich ein Instrument, um die Situation zu verbessern, indem Nichtanwohner ferngehalten werden – sie garantieren keinen Parkplatz. Eine Ausweitung der Parkzonen würde die Problematik nur verlagern, aber nicht lösen.
Parkhäuser und Tiefgaragen könnten die Situation etwas entspannen, sind aber sehr kostenintensiv.
Man hat die Wahl: entweder eine zentrumsnahe Wohnung mit Parkplatz-Problematik, den Parkplatz vor der Tür in zentrumsferneren Gebieten – oder der Verzicht aufs Auto. Die Wahrheit ist manchmal leider nicht befriedigend.
Silvio Horn, Fraktionsvorsitzender Unabhängige Bürger
Das Schweriner System des Anwohnerparkens ist Abzocke, denn Anwohner in der Innenstadt müssen sich die bloße Möglichkeit erkaufen, ihr Auto wohnortnah im öffentlichen Raum abstellen zu dürfen. Der vorhandene Parkraum ist aber krass überbucht. Eine Ausweitung der Parkzonen lehnen wir ab, denn mehr freier Parkraum entsteht nicht. Nur die Stadtkasse profitiert. Helfen würde die Schaffung zusätzlichen Parkraums durch Nutzung von Brachen oder die Reduzierung der Autos durch einen fahrradfreundlichen Umbau der Stadt. Die Beschränkung der Anzahl von Parkkarten pro Wohnung oder Haushalt wäre auch denkbar.
Regina Dorfmann, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Der Erwerb eines Anwohnerparkausweises bedeutet nicht den Anspruch auf einen Parkplatz, sondern nur das Recht, im jeweiligen Stadtbereich zu parken. Dem Vorteil kurzer Wege steht einfach ein begrenzter Parkraum gegenüber. Die Stadt erarbeitet aktuell ein Parkraumkonzept, das die Problembereiche für Anwohner besonders in den Abendstunden entschärfen soll. Hier sind auch Alternativen wie Carsharing oder ein wirklich praktikables Park-and-ride-System mit zu bedenken, damit Besucher und Pendler erst gar nicht im Innenstadtbereich parken, denn zum Weltkulturerbe passen keine zugeparkten Straßen.