Notfallseelsorge der Stadt in Not

Konzept der Verwaltung geht nicht auf

Konzept der Verwaltung geht nicht auf
Die Notfallseelsorge der Stadt braucht mehr Personal, Foto: Pixabay

Schwerin • Ein Mann kündigt am Schweriner Notruftelefon seinen Selbstmord an. Die Feuerwehr fährt zur Wohnung des 41-Jährigen, kann aber nicht helfen Der Anrufer ist nicht mehr da. Über die Kameras am Marienplatz wird der Gesuchte entdeckt und von der Polizei festgenommen. Dabei leistet der Mann Widerstand und legt sich mit den Beamten an. Eine Situation zu Beginn dieses Jahres, die immer wieder passieren kann.

Momente wie dieser könnten durch geschulte Notfallseelsorger entschärft werden. Die soll es in Zukunft in Schwerin geben – so hat es zumindest die Stadtvertretung beschlossen, bisher allerdings mit wenig Erfolg. Die Sozialarbeiterin, die den Notdienst für psychosoziale Krisensituationen aufbauen sollte, hat gekündigt. Sie fand zu wenig Ehrenamtler, die für eine Aufwandsentschädigung von zehn Euro die Stunde helfen wollten. 40 Ehrenamtliche aus dem psychosozialen, pädagogischen oder aus dem pflegerischen Bereich waren für den wechselnden Einsatz zwischen
18 und 22 Uhr in der Woche und von 10 bis 22 Uhr an Wochenenden und Feiertagen vorgesehen. Dafür stellt die Stadt einen Raum mit Telefon und PC sowie einen Dienstwagen bereit. Hilfe sollten die in Not geratenen Menschen zum einen am Telefon, aber auch ganz direkt bei den Betroffenen zu Hause bekommen.
Nach dem holprigen Start des Projektes ist die Stelle der Sozialarbeiterin, die den psychosozialen Krisennotdienst organisieren sollte, neu ausgeschrieben worden.

Amtsärztin will Beschluss umsetzen

Inzwischen – so die Leiterin des Fachdienstes Gesundheit
Renate Kubbutat – haben sich mehrere Bewerberinnen und Bewerber auf die neue Stellenanzeige gemeldet. „Wann genau die vakante Position neu besetzt wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wir wollen auf jeden Fall eine zügige Entscheidung treffen”, sagt die Amtsärztin. Dazu gehört auch, noch mehr Freiwillige im Ehrenamt für den Kriseneinsatz zu gewinnen. „Die Bereitschaft dafür sei da”, sagt die Leiterin des sozialpsychologischen Dienstes. Nach den Veröffentlichungen in der Presse hatten sich knapp ein Dutzend Helfer telefonisch für die ehrenamtliche Arbeit in dem Projekt bei Renate Kubbutat gemeldet. „Das Wollen ist das Eine – das Können die andere Seite”, gibt die Amtsärztin zu bedenken. Immerhin müssen die Krisenhelfer nicht nur am Telefon beraten, sondern bei bestimmten Konflikten auch direkt auf Menschen zugehen. Dennoch bleibt die Medizinerin optimistisch. „Egal, wie der Sachstand im Moment ist, wir müssen trotzdem gucken, wie wir ans Ziel kommen, und den Bürgern der Stadt den psychosozialen Notdienst anbieten.”

Behindertenbeirat will neues Konzept

Der Behindertenbeirat der Stadt Schwerin hat die Arbeit der Stadtvertreter an dem Projekt kritisch begleitet. Der Rat hatte immer wieder kritisiert, dass Menschen mit psychischen Problemen außerhalb der üblichen Öffnungszeiten von Ärzten und Therapeuten nur wenige Möglichkeiten auf direkte Hilfe haben. Nach 18 Uhr und am Wochenende stehen rund um die Uhr nur der kassenärztliche Notdienst, die Notaufnahme des Klinikums und die Notärzte des Rettungsdienstes als direkte Helfer zur Verfügung. Genau diese sollten durch einen Krisennotdienst entlastet werden. „Schade, dass es im ersten Anlauf nicht geklappt hat”, sagt Karin Niebergall-Sippel vom Behindertenbeirat. „Psychiatrie ist für das Ehrenamt eben ein undankbarer Bereich. Vielleicht muss die Stadt darüber nachdenken, mehr Geld in die Hand zu nehmen, sodass hauptamtlich angestellte Helfer die größte Verantwortung für den Krisendienst tragen könnten.“
Karin Niebergall-Sippel fordert, „dass die Stadtvertreter dringend einen Beschluss fassen, der am bisherigen Konzept Änderungen zugunsten der Hilfsbedürftigen herbeiführt.”

maxpress/sho