Nahverkehr macht Schule

Angehende Busfahrer können ihren Führerschein nun auch im Unternehmen erwerben

„Seit Jahren bilden wir unsere Straßenbahnfahrer selbst aus. Nur wer Busfahrer werden und seinen Führerschein Klasse D machen wollte, musste zu einer externen Fahrschule.
In Theorie und Praxis – Fahrlehrer und Fahrschulleiter René Mihm (l.) macht Dennis Ludwinski als angehenden Busfahrer fit für die Straßen Schwerins. Er darf als erster Platz auf dem Fahrersitz nehmen, Fotos: maxpress

Schwerin • „Was bedeutet defensives Fahren?“, fragt René Mihm in die Runde. „Was versteht man unter Lenkund Ruhezeiten?“, lautet die nächste Frage. Die vier jungen Männer vor ihm überlegen kurz. Dann melden sie sich bestimmt. Sie wollen den Busführerschein erwerben und stehen kurz vor ihrer theoretischen Prüfung. René Mihm ist ihr Fahrlehrer und Leiter der hauseigenen NVS-Fahrschule. Diese wurde erst kürzlich gegründet.

„Seit Jahren bilden wir unsere Straßenbahnfahrer selbst aus. Nur wer Busfahrer werden und seinen Führerschein Klasse D machen wollte, musste zu einer externen Fahrschule. Das hat Zeit und Geld gekostet”, sagt René Mihm. „Letztendlich haben wir aber die Fahrzeuge und kennen das Stadtgebiet am besten. So entstand die Idee der Gründung einer eigenen Fahrschule.“

Drei Straßenbahnfahrer und ein Mitarbeiter aus der Werkstatt sind die ersten, die hier ihren Busführerschein erwerben können. Dieser qualifiziert sie zur gewerblichen Beförderung von Personen auf öffentlichen Straßen. Rund vier Monate dauert die Ausbildung insgesamt.

Zumindest der theoretische Teil ähnelt dem bei einem Pkw-Führerschein: Es geht um gesetzliche Regelungen, Geschwindigkeit, Abstände und Technik. Aber auch die besonderen Umstände und Belastungen, denen ein Busfahrer ausgesetzt ist, spielen eine Rolle. In der Praxisphase, die im August startet, heißt es dann, das Gelernte anzuwenden.

Bei Dennis Ludwinski steigt die Vorfreude: „Es wird einfach ein anderes Fahrgefühl sein als beim Pkw. Ein Bus ist höher, länger, breiter. Kurven müssen anders genommen werden. Manche Straßen sind sehr eng“, so der 27-Jährige, der immerhin die Gleise Schwerins schon gut kennt. Seit drei Jahren arbeitet er bereits als Straßenbahnfahrer.

Voraussetzung ist hier, genauso wie für den Busführerschein, ein Führerschein Klasse B, technisches Verständnis und Disziplin. „Es gibt Menschen, die bereits morgens um vier Uhr in Schwerin unterwegs sind und mit Bus oder Straßenbahn zu ihrem Arbeitsort wollen. Die müssen wir natürlich fahren. Unsere Fahrer arbeiten im Schichtsystem. Darauf muss man sich einstellen”, sagt Fahrschulleiter René Mihm.„Nicht zuletzt muss man auch Spaß haben, mit Menschen in Kontakt zu kommen, und die Fähigkeit besitzen, in stressigen Situationen besonnen reagieren zu können.”

Doch nicht nur Bus- und Straßenbahnfahrer werden in der NVS-Fahrschule fit gemacht. Wer zum Beispiel einen Führerschein für Lkw oder Gabelstapler absolviert, ist in den Werkstätten flexibler einsetzbar. In Zukunft sollen sogar in Kooperation mit der Feuerwehr die Feuerwehrleute in der NVS-Fahrschule ausgebildet werden und alle notwendigen Führerscheine machen können.

maxpress/Marie-Luisa Lembcke