Museum auf Abwegen

Stadtgeschichte schlummert in Depots

Hohe Besucherzahlen im Sommermuseum sind ein Indiz für das rege Interresse der Schweriner an der Stadtgeschichte
Hohe Besucherzahlen im Sommermuseum sind ein Indiz für das rege Interresse der Schweriner an der Stadtgeschichte, Foto: maxpress

Schwerin • 50.000 Exponate aus Schwerins langer Stadtgeschichte lagern derzeit in Depots. Ein festes Stadtgeschichtliches Museum gibt es seit fast 15 Jahren nicht mehr. Dass das eine Schande für die älteste Stadt Mecklenburgs ist, darüber sind sich die Schwerinerinnen und Schweriner einig. Die Suche nach einem geeigneten Standort läuft, gestaltet sich jedoch schwierig.

Vor dem Hintergrund des 800-jährigen Stadtjubiläums im Jahr 1960 begann Schwerin damit, Objekte aus der eigenen Stadtgeschichte zu sammeln. 1985 bezog die so entstandene Sammlung ein Gebäude im Großen Moor 38 – das Museum für Schweriner Geschichte war geboren. Außenstellen gab es im Säulengebäude am Markt und in der Schleifmühle. Weil jedoch die vorhandene Fläche für die gerechte Präsentation der Exponate zu klein war, entschied die Stadtvertretung 2005, das Museum zu schließen und nach neuen Räumlichkeiten zu suchen... bis heute.
„Wir haben uns ganz viel angeschaut. Sogar die Idee, mit dem Land gemeinsam ein Landesmuseum aufzubauen gab es zwischenzeitlich. Doch es scheiterte immer daran, dass es keinen optimalen Standort gab. Gebäude, die in Frage gekommen wären, hätten einen zu großen Sanierungs- und Umbauaufwand bedeutet”, erinnert sich Gesine Kröhnert, Museumsleiterin der Landeshauptstadt.
Das Thema blieb über Jahre in der Pipeline, doch immer weniger Mitarbeiter beschäftigten sich mit den Exponaten und mit der Suche nach geeigneten Ausstellungsflächen. Erst in den vergangenen Monaten nahm das Ziel einer (Wieder-)Errichtung des Stadtmuseums Fahrt auf. Die Stadt schaffte zwei neue Stellen und ermöglichte unter anderem das Sommermuseum im Säulengebäude. „Und die Reaktion darauf war einfach grandios. Und das wird auch auf politischer Eben wahrgenommen”, so Gesine Kröhnert. Immer mehr Stadtpolitiker und Geschichtsliebhaber machen sich für „ihr” Museum stark. Als das Gebäude im Großen Moor 38 kürzlich zum Verkauf stand, setzen sich DIE GRÜNEN dafür ein, die Sammlung dorthin zurückzuholen. In der Stadtvertretung gab es jedoch viele Gegenstimmen, die die Ausstellungsfläche immer noch als zu klein ansehen.
Aktueller Favorit in der Standortfrage ist bei den Mitarbeitern der Stadtgeschichtlichen Sammlung das alte Rathaus am Markt. „Das Gebäude passt alleine schon durch seine stadtgeschichtlichen Bedeutung”, so die Museumsleiterin. Durch das Besucher- und Touristenzentrum im Erdgeschoss würden sich zusätzliche Synergien ergeben. Bis im Rathaus jedoch ein Museum entstehen kann, müsse noch viel passieren. „Wir sind aktuell dabei, die Bestände zu konzentrieren.” Exponate, die es in großer Zahl gibt, werden aussortiert. Das gesamte Fotoarchiv wird beispielsweise digitalisiert und sorgfältig eingelagert. Wenn dann etwas Ordnung und Struktur in die Magazine kommt, könnte sich Gesine Kröhnert sogar ein Schaumagazin vorstellen. Denn egal wie groß das neue „alte” Stadtmuseum auch wird – alle 50.000 Exponate wird es nicht fassen können.
Dass das Bewusstsein in Schwerin aber zunehmend für die Stadtgeschichte geschärft wird, das begrüßt die Museumsleiterin sehr. „Jedes Ausstellungsstück ist ein Symbol seiner Zeit und kann etwas über die Geschichte erzählen. Dieses Vermitteln passiert aber nicht, wenn die Exponate im Depot liegen”, erklärt sie.

Was die Stadtvertreter zu der Frage, wie sinnvoll ein stadtgeschichtliches Museum im Großen Moor 38 wäre, erfahren Sie hier.

maxpress/Nele Reiber