Leben dank einer fremden Niere

Wenn Organspende selbstverständlich ist

Schwerin • Nach 43 Jahren Diabetes änderte die Spende einer Niere und einer Bauchspeicheldrüse das Leben von
Marianne Smolinski aus Schwerin von heute auf morgen. Für sie sind Organspender Lebensretter. Auch Christine Meisch setzte sich mit dem Thema auseinander. Sie gab die Organe ihres verstorbenen Sohnes frei. 

„Seit ich elf war, habe ich Insulin gespritzt. Dadurch sind meine Nieren und die Bauchspeicheldrüse kaputt gegangen. Dann musste ich drei Mal die Woche zur Dialyse – für mich die Hölle“, sagt Marianne Smolinski (Foto links). Im Alter von 44 Jahren erlitt sie zusätzlich einen Herzinfarkt. „Ein paar Jahre danach gab mein Kardiologe dann sein OK, dass ich mich für eine Kombi-Spende, also Niere plus Bauchspeicheldrüse, bewerben könnte.“ Es folgten rund 20 Untersuchungen innerhalb eines dreiviertel Jahres. „Das war ´ne ganz schöne Rennerei, musste aber sein, um überhaupt erst mal auf die Warteliste zu kommen.“ Der zuständige Arzt meldete seine Patientin schließlich bei Eurotransplant, denn innerhalb der kooperierenden Staaten werden Spenderorgane ausschließlich über diese Stiftung vermittelt. Ab dann hieß es Warten – drei Jahre lang. Am Abend des 7. August 2007 erhielt die damals 53-Jährige schließlich den ersehnten Anruf. „Das war irgendwie auch seltsam, aber das Glück hat definitiv überwogen.“ Sofort fuhr sie nach Rostock. Es wurden einige Tests gemacht und um vier Uhr morgens ging es in den OP-Saal.

Zeitgleich spielte sich ein organisatorischer Marathon ab. „Wird der Hirntod diagnostiziert und liegt eine Zustimmung zur Organentnahme vor, wird der Spender der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) gemeldet“, erklärt Dr. med. Detlef Schumacher. Die DSO koordiniert dann alle weiteren Abläufe. Es wird geschaut, welche Organe für eine Spende infrage kommen und ob es überhaupt einen passenden Empfänger auf der Warteliste gibt. „Liegt eine Übereinstimmung vor, kommt ein Spezialistenteam von Spezialchirurgen und übernimmt Entnahme, Transport und Transplantation.“ 

Für Marianne Smolinski war nach der geglückten OP alles anders. „Zwar musste ich anfangs sehr viele Tabletten nehmen, damit das Organ nicht abgestoßen wird. Aber ich habe mich gefühlt, als könnte ich Bäume ausreißen. Und dieses Gefühl hält immer noch an.“ Ihrem Lebensretter ist sie bis an ihr Lebensende dankbar. 

Auch ihre Cousine Christine Meisch (Foto rechts) musste sich vor drei Jahren plötzlich mit dem Thema Organspende auseinandersetzen. „Mein Sohn lag mit einer schweren Hirnblutung im künstlichen Koma. Zwei Wochen haben die Ärzte alles versucht, um ihm zu helfen“, so die 52-Jährige. „Als dann der Hirntod festgestellt wurde, fragte man mich, ob ich bereit wäre, die Organe zu spenden. Für mich war sofort klar, dass ich es mache.“ Ein Organspendeausweis in den Sachen des 29-Jährigen unterstützte die Entscheidung. „Nach einigen Wochen erhielt ich Post, dass die entnommenen Organe – Herz, Lunge, beide Nieren und Netzhaut – von den Empfängern sehr gut angenommen wurden. Es ist tröstlich, zu wissen, dass sein Tod nicht vollkommen umsonst war.“ Ab und zu denkt sie daran, einen anonymen Brief an die Empfänger zu schreiben. Doch dafür fehlen ihr bis heute die Worte. „Ich weiß, dass es diesen Menschen jetzt gut geht. Das ist das Wichtigste.“          

ml