Lasst Kunst in den Alltag

Christine Rutsch senkt die Hemmschwelle vor Museen

Schwerin • Wer mit Muße das Staatliche Museum besucht, der landet unweigerlich auf einer Sitzbank von Christine Rutsch (Foto). Die Architektin (Rutsch+Rutsch) entwirft aber nicht nur Museumsmöbel, sie gehört als umtriebige Kunstliebhaberin selbst zum Inventar der Schweriner Kulturszene. Um mehr Schweriner mit ihrer Kulturliebe anzustecken, engagiert sie sich bei den 1995 gegründeten „Freunden des Staatlichen Museums Schwerin“ und ist eine von fünf Vorständen. hauspost-Redakteur Florian Maaß sprach mit der gebürtigen Dänin, die seit 1993 in Schwerin lebt.

hauspost: Was machen die Freunde des Staatlichen Museums?
Christine Rutsch: Jedes Museum liegt in einem engen finanziellen Korsett. Ab und zu hat es Extrawünsche. Diese sammeln wir und entscheiden dann, welche wir ermöglichen. Wir wollen sowohl die Sparte der Moderne, aber auch die Sammlung weiter ausbauen. Wir helfen etwa bei der Anschaffung von Kunstwerken, der Herausgabe von Katalogen oder Broschüren.
Dieses Jahr haben wir das Kunst-Symposium zu Marcel Duchamp mit internationalen Kunstexperten veranstaltet. Dadurch wurde Schwerin in der internationalen Kunstwelt vernetzt und da auch überregionale Medien berichteten, kamen mehr Besucher in die Duchamp-Ausstellung – immerhin 6.000 in zwei Wochen, davon 1.000 Jugendliche. Seit drei Jahren gibt es auch die Jungen Freunde, die frischen Wind und viele gute Ideen reingebracht haben.

hauspost:  Etwa den Ideenwettbewerb „Museum neu denken“, bei dem es darum ging, wie man junges Publikum für das Museum begeistern kann. Was ist aus der Siegeridee geworden – einer App für Museumsbesucher, die unter anderem Kunstwerke belebt anzeigt?
Christine Rutsch: Zumindest ermutigte die Idee zu den bewegten Gemälden von Carl Malchin in der aktuellen Ausstellung. Die Gewinner, zwei Studentinnen, hatten wegen ihrer Abschlussarbeiten keine Zeit, daher machten es Studenten der Uni Wismar und nicht als App sondern wandhohe begehbare Bilder. Das ist toll geworden, man taucht richtig ein in die Zeit.

hauspost: Müssen die Museen sich den veränderten Sehgewohnheiten anpassen und digitaler werden oder gerade analoge Gegenwelten sein?
Christine Rutsch: Beides. Man kann niemals das Authentische der Begegnung mit einem echten Kunstwerk auf digitale Weise ersetzen. Andererseits kann man mit Computerhilfe aber Kunst spannender und lebendiger präsentieren und erklären, wie jetzt bei Malchin. Das Museum wird sich in den nächsten Jahren neu erfinden, andere Wege entwickeln, Kunst zu zeigen. Das ist spannend, ich freue mich darauf.

hauspost: Sie sind in der Kunstmetropole Kopenhagen geboren. Was kann Schwerin von der dänischen Hauptstadt lernen?
Christine Rutsch: Als ich klein war, wohnten wir nahe des Museums Louisana, dahin haben mich meine Eltern oft mitgenommen, Kunst gehörte einfach zum Leben, in den Alltag. In Dänemark sind Museen oder Bibliotheken Aufenthaltsorte, da verbringt man ein ganzes Wochenende. Das versuche ich in Schwerin zu vermitteln, dass Kunst nichts Abgehobenes ist. Ich würde gerne die Schwelle, in ein Museum zu gehen, weiter senken. Denn im Vergleich sind in Schwerin Museum oder Bibliothek noch eher Besuchsorte. Man geht ein, zwei Stunden hinein und hat damit sein kulturelles Gewissen für die nächsten Monate beruhigt. Dafür gibt es um Schwerin seit DDR-Zeiten in jedem Dorf einen Künstler, das ist klasse.

hauspost: Welchen Vorteil habe ich davon, Mitglied im Verein zu werden und auf wen treffe ich da, wer sind die 83 Freunde?
Christine Rutsch: In erster Linie fördern wir das Museum. Wir unternehmen aber auch Kunstausflüge, demnächst nach Hamburg, treffen uns zum Essen und bekommen exklusive Vorabführungen mit den Kuratoren. Wir kommen aus allen möglichen Bereichen der Gesellschaft und nicht nur aus Schwerin. Uns verbindet einfach die Liebe zur Kunst. Das erzeugt auch ein schönes Zusammengehörigkeitsgefühl.