Kein sicherer Hafen in Schwerin?
Stadtvertretung spricht sich gegen Solidarisierung mit Initiative Seebrücke aus
Schwerin • In der Sitzung der Stadtvertretung am 28. Oktober sorgte ein Antrag der Aktionsgruppe Stadt und Kulturschutz (ASK) für ein stark geteiltes Votum. Stadtvertreterin Jana Wolff rief die Abgeordneten in ihrer Beschlussvorlage dazu auf, die Initiative „Seebrücke. Schafft sichere Häfen” zu unterstützen. Die Organisation setzt sich für die viel diskutierte Seenotrettung im Mittelmeer ein. Insgesamt 115 Städte wie Hamburg, Berlin und München haben sich inzwischen für die Initiative ausgesprochen und sich als „sichere Häfen” erklärt. In der Schweriner Stadtvertretung kam es zu einer knappen Entscheidung gegen die „Seebrücke”.
„Diese zivilgesellschaftliche Bewegung braucht Unterstützung von unten, aus den Kommunen”, erklärte Jana Wolff den eingebrachten Antrag. Gemeinsam müsse man sich gegen die Abschottungspolitik Europas stellen und einen Beitrag leisten, um den flüchtenden Menschen ein sicheres Ankommen zu ermöglichen.
Gegenargumente hatte Dr. Hagen Brauer (AfD) parat: „Wie sollen wir denn helfen? Wir haben keinen Hafen, keine Schiffe und sind verschuldet. Was soll Schwerin also tun?”, fragte er die Stadtvertreter. Gleichzeitig sprach sich der Fraktionsvorsitzende der AfD auch gegen den Begriff Seenotrettung aus, denn stattdessen handle es sich bei der Problematik um „organisiertes Schleppertum”. „Wenn Sie wollen, dass alle Umsiedlungswilligen nach Deutschland kommen, dann bringen Sie doch bitte ordentliche Lösungen – wie zum Beispiel eine Fährverbindung zwischen einem Afrikanischen und einem Deutschen Hafen”, witzelte der Stadtvertreter und fügte hinzu, als sein Vorschlag auf Beifall stieß: „Aber wir wollen das nicht!“ Der Antrag sei nach Ansicht der AfD schlichtweg Heuchelei.
Ganz anders sahen das Die Grünen. „Ich finde, dass wir uns mit dem Beitritt zur Seebrücke zu unserer Menschlichkeit bekennen. Ja, es gibt keine optimale Lösung, aber es muss etwas passieren. Die AfD stellt es so dar, als wäre es für die Menschen ein Vergnügen. Aber stellen Sie sich doch einmal vor, wie verzweifelt man sein muss, um diese gefährliche Reise anzutreten”, so Fraktionsvorsitzende Regina Dorfmann.
Gegen den Antrag sprachen sich auch die Unabhängigen Bürger (UB) aus. „Man bekommt den Eindruck, dass damit die Kritikpunkte an der europäischen Flüchtlingspolitik von Schwerin aus gelöst werden könnten – doch dem ist nicht so. Das müssen wir den zuständigen Gremien überlassen. Ich bin der Meinung, wir sollten uns lieber den Verpflichtungen stellen, die wir hier haben. Alles andere sind Dinge, die in der Zuständigkeit der Bundesregierung liegen”, so Silvio Horn.
Während die SPD sich kurz und knapp solidarisch mit dem Antrag zeigte sieht auch die CDU die Problematik in Schwerin nicht an der richtigen Stelle. Stattdessen sei die richtige Integration der Migranten ein Schritt, den Schwerin gehen müsse und könne.
Martin Molter aus der Fraktion Die Partei.Die Linke fand klare Worte für die Ungerechtigkeit der aktuellen Mittelmeersituation: „Die neugewählte EU gibt zum ersten Mal mehr Geld für die Rüstung aus, als für die Entwicklungshilfe. Wir werden hier zwar keine Lösung bieten können, aber wenn wir unsere Menschenwürde behalten wollen, müssen wir ein sicherer Hafen werden. Jeder Feuerwehrmann, jeder Sanitäter oder Rettungshelfer hilft Menschen, unabhängig von ihren Hintergründen und bekommt dafür unseren Respekt. Warum nicht im Mittelmeer?”
AfD-Mitglied Thomas de Jesus Fernandes fragte abschließend die Stadtvertreter, welches Signal mit einem Beitritt zur Initiative entsendet würde. „Wenn wir allen signalisieren, dass sie sicher zu uns kommen – dann kann ich es sehr gut verstehen, dass man sich da gerne auf den Weg macht. Dann gibt es keine Abschreckung mehr, nur noch Einladungen”, erklärte er und verglich die „sicheren Häfen” mit „Lockangeboten”.
Die finale Entscheidung des höchsten Gremiums der Landeshauptstadt hätte schließlich nicht knapper ausfallen können. 21 Stadtvertreter der Linken, Grünen, SPD und ASK stimmten für den Antrag und den Beitritt. Mit 22 Dagegenstimmen aus CDU, UB und AfD wurde die Beschlussvorlage jedoch abgelehnt. „Wo sind wir hingelangt? Es ist beschämend und macht mich traurig, dass die Landeshauptstadt sich hier einer Solidarisierung verweigert“, erklärt Jana Wolff im Anschluss an die Entscheidung.
Unter https://seebruecke.org sind die Ziele und Mitglieder der Seebrücken-Initiative nachzulesen.
LHS