8. Tag der E-Mobilität in Schwerin
Die hauspost hat drei E-Fahrzeug im Alltag getestet
Schwerin • Die IHK zu Schwerin veranstaltet gemeinsam mit der Landeshauptstadt Schwerin und der Handwerkskammer am 22. August 2019 den 8. Tag der Elektromobilität. Dem interessierten Publikum werden wieder neue Generationen von Elektroautos, Lade- und Speicherlösungen, Wasser- und Brennstoffzellentechnologien, Elektroroller, E-Bikes und vieles mehr präsentiert. Doch wie zukunftsfähig ist die E-Mobilität in Schwerin wirklich? Damit hat sich die hauspost in ihrem Titelthema befasst und unter anderem drei E-Fahrzeuge im Alltag getestet.
E-Bike: So leicht kann Fahrradfahren sein – Marie-Luisa Lembcke
Ich bin leidenschaftliche Rad-Fahrerin. Täglich komme ich auf rund acht Kilometer zwischen Wohnung und Arbeit. Für einen Monat stieg ich auf ein E-Bike des Typs Simplon Kagu Bosch R14 um. Mirco Levetzow vom Zweiradcenter Rademacher erklärte mir mein neues Gefährt: Display an/aus, vier verschiedene Unterstützungsmodi, Akku rausnehmen, an der heimischen Steckdose aufladen. Das Ganze war ziemlich simpel. Schon nach wenigen Metern merkte ich, wie leicht Fahrradfahren doch sein kann. Kein bisschen Anstrengung und schon fuhr ich 25 km/h. Für mehr ist der Antrieb nicht ausgelegt. Für mehr musste ich ordentlich in die Pedale treten. Bergab bremste mich das E-Bike sogar aus. „Nun gut”, dachte ich, „für ältere Menschen sicherlich keine schlechte Sicherheitsvorkehrung.” Nach rund drei Stunden ist der Akku geladen und reicht im Turbo-Gang für circa 80 Kilometer. Natürlich lässt sich das Zweirad auch aus komplett eigener Kraft vorantreiben. Mein Fazit nach vier Wochen: Ein E-Bike eignet sich vor allem für Personen, die längere Strecken zurücklegen wollen, deren Kräfte vielleicht schon ein wenig nachlassen, die aber dennoch aktiv sein wollen, oder Familien mit Kinderanhänger. Ein ebenerdiger Unterstellplatz ist angesichts des Gewichts von circa 23 Kilo von Vorteil.
E-Roller: Platzsparender Flitzer für Kurztrips - Nele Reiber
„25 bis 30 Kilometer.” Die Antwort auf meine Frage, wie weit ich denn mit einer Akkuladung komme, sorgte bei mir zum ersten Mal für etwas Ernüchterung. Immerhin – für die erste Fahrt von den Stadtwerken Schwerin, die mir den Roller freundlicherweise für einen Test zur Verfügung stellten, bis zur Arbeit auf der Krösnitz und für die täglichen vier Kilometer zwischen Zuhause und Arbeit reichte der Akku locker. Tatsächlich kam ich beim Ausfahren des 50-Volt-Akkus mit einer Kapazität von 1.470 Wattstunden auf 27 Kilometer. In den Kumpan 1953 Roller passen jedoch insgesamt drei dieser Akkus – damit wäre dann vielleicht auch ein Ausflug ins Umland denkbar. Dennoch: Große Sprünge dürfen sich E-Roller-Fahrer oder die, die es werden wollen, nicht erhoffen. Die Flitzer sind auf kurzen Distanzen spritzig, wendig und echte Trümpfe, wenn es ums Parken geht. Die Batterie ist entnehmbar, aber sehr schwer und unhandlich. Eine volle Ladung dauert etwa 3,5 Stunden. Da stellte sich mir beim Test das eine ums andere Mal die Frage, ob das Fahrrad (mit oder ohne E-Antrieb) nicht doch etwas praktischer ist. Mein Fazit: Das Fahren macht Spaß – solange der Akku reicht. Das Drumherum vom Laden bis zur Motorrad-Kluft ist jedoch etwas unpraktisch.
E-Auto: Fährt er schon oder blinkt er nur? – Florian Daniel Maaß
Ich dreh den Zündschlüssel zum wiederholten Mal nach rechts – nichts geschieht. STERNAUTO-Centermanager Jon Püschel beruhigt: „Der ist schon an“. Der autorisierte Mercedes-Benz-Händler stellt mir den smart EQ forfour zum Testen zur Verfügung. Als E-Auto-Neuling muss ich mich erst an den geräuschlosen Antrieb gewöhnen. Und die übrigen Verkehrsteilnehmer auch. Ein älteres Pärchen läuft direkt vor mir auf die Lübecker Straße. Da die Reichweite begrenzt ist – je nach Fahrweise reicht eine Ladung der 17,6 kWh-Batterie für 80 bis 150 Kilometer – lehrt der E-Smart vorausschauendes Fahren. Ungeduldig hupende Verbrenner-Fahrer nehme ich dafür in Kauf. Statt auf den Tacho geht der erste Blick auf den Energieverbrauch. Bergab lädt die Batterie während der Fahrt auf. Die Nagelprobe: Ein Wochenendausflug nach Hamburg. Ich fahre nur Bundes- und Landstraßen im eco-Modus ohne Klimaanlage. Nach 108 Kilometern in Hamburg angekommen, habe ich noch 45 Kilometer Reichweite. Das Laden funktioniert kinderleicht mit Schuko- und Typ 2-Stecker. Die smart-App zeigt rechtzeitig den Weg zur nächsten Ladestation und ermöglicht auch unkompliziertes Car-Sharing mit Freunden oder Familie.
Schwierige Infrastruktur: Aufladen als Lotteriespiel
Die Suche nach der nächsten passenden Ladestation für das E-Auto ist ein Glücksspiel. Grund sind unterschiedliche Bezahlsysteme und Stecker. Dazu kommt die schlechte Auffindbarkeit.
Die für das Erfassen der Ladesäulen zuständige Bundesnetzagentur kennt nur eine in Schwerin, die Suchseite Goingelectric kennt immerhin 17 Lademöglichkeiten, von denen nur fünf frei zugänglich sind, in den Parkhäusern am Schloss und im Schlosspark-Center, am Hauptbahnhof, am Stadthafen und an einer ESSO-Tankstelle. Die übrigen gelisteten sind etwa den Kunden von Friseursalons, Autohäusern, Supermarkt und Hotelgästen vorbehalten. Die Ladesituation könnte sich mit den ersten fünf Ladestationen, die die Stadt in Kooperation mit einem Energieversorger noch dieses Jahr aufstellen wird, schlagartig verbessern. Mecklenburgstraße 102, Obotritenring 40, Wittenburger Straße 120, am Schlachtermarkt und auf dem Parkplatz Altstadt sind die ersten Standorte. „An den Details feilen wir noch, aber man kann einfach mit der Kreditkarte zahlen“, verspricht die städtische Mobilitätsmanagerin Carola Nitz. Nostalgiker laden an der ESSO-Tankstelle am Püsserkrug 2. Gezahlt wird einfach an der Kasse. Vom Laden an der heimischen Schuko-Steckdose rät Christopher Hofmann von der Landesinnung der Elektro- und Informationstechniker dringend ab. Die könnte sich überhitzen. Das Netz wäre in den meisten Wohngebieten auch überlastet, wenn mehrere Anwohner gleichzeitig laden. Wer zuhause laden will, der sollte eine separate Starkstromleitung oder eine Wall Box mit Energiemanagementprogramm installieren lassen.
Text: Florian Daniel Maaß
BU1: Marie-Luisa Lembcke nimmt das E-Bike für den Test vom Zweiradcenter Rademacher entgegen
BU2: Nele Reiber (r.) freut sich auf den Test des E-Rollers von den Stadtwerken
BU3: Freie Fahrt für Florian Daniel Maaß (l.) mit dem E-Smart von Sternauto
BU4: So entspannt ist das Aufladen eines E-Autos in Schwerin nur selten, Fotos: maxpress