Hauspost-Kommentar Oktober 2019: Soziale Hilfe
Holger Herrmann, Chef-Redakteur
Liebe Leserinnen und Leser,
es gibt viel Leid in unserer Stadt. Kinder und Frauen, die geschlagen werden. Jugendliche, die kein Zuhause haben. Alte Menschen, die einsam sind und verzweifelt und andere, die in der Schuldenfalle stecken.
Es sind im Vergleich zur Einwohnerzahl wenige, aber doch immer noch viel zu viele.
Ich habe mich erst vor wenigen Tagen bei einem Konzertbesuch mit einem Mann im Rollstuhl unterhalten. Er ist schon eine gefühlte Ewigkeit sozial abhängig, war obdachlos und verkauft an die Konzertbesucher auf der Freilichtbühne die Straßenzeitung. Er lächelt immer, wenn er mich sieht, ist freundlich und fragt jedes Mal als erster nach meinem Wohlbefinden. Dabei wurde ihm gerade ein Teil seines rechten Beines abgenommen. Er kämpft um eine Prothese, damit er wieder laufen kann. Er braucht Hilfe, Beratung und täglich Unterstützung. Natürlich ist er traurig, aber er weiß auch, dass es viele Menschen und Einrichtungen gibt, wo er diese Hilfe bekommt. Das macht ihn mutig. So mutig, dass er offen darüber spricht.
Damit Hilfebedürftige Gehör und Unterstützung finden, brauchen wir leidenschaftliche, engagierte und fachkompetente Menschen. In der Wohlfahrt und bei vielen sozialen Trägern leisten sie eine enorme Arbeit. Was uns manchmal fassungslos die Tränen in die Augen treibt, machen diese Menschen zu ihrer Tugend. Sie helfen anfassbar – ehrenamtlich oder im Job. Das kann jeder: Mit Spenden, Anerkennung oder einfach mit einem Gespräch vor dem Konzert, um zu erfahren, wie es dem Mann im Rollstuhl mit der Straßenzeitung geht.
Herzlichst, Ihr
Holger Herrmann