hauspost-Kommentar Februar 2019: Glücklichen

Marie-Luisa Lembcke

Liebe Leserinnen und Leser,

3. Klasse, Philosophieunterricht: Für ein Videoprojekt befragte ich meine Verwandten, was sie unter Glück verstehen. Die Antworten: „Familie und Gesundheit – das macht einen glücklich.” Heute weiß ich, dass das mit dem Glücklichsein nicht immer einfach ist. „Studium ist die schönste Zeit im Leben.“ „Eigene Kinder – vorher weiß man gar nicht, was Glück bedeutet.“ Schriftsteller meinen, die ultimative Glücksformel zu kennen. Ernähre dich so und so, um den ganzen schlechten Ballast aus deinem Körper zu entfernen. Treibe Sport. Iss einen Glückskeks. Bei so viel Lärm ums Thema müssten wir doch eigentlich durchweg glücklich und rundum zufrieden sein. Und dennoch, manchmal drückt der Schuh einfach. Ich glaube, dass zumindest ein wenig Achtsamkeit – für uns selbst, unsere Mitmenschen und unsere Umwelt – ein guter Schritt Richtung Glücklichsein ist. Ich habe aufgehört, alles zu planen, zu zerdenken, in allem einen Sinn zu suchen und mich selbst ständig zu hinterfragen. Stattdessen nehme ich alles ein bisschen weniger ernst und höre öfter mal auf mein Bauchgefühl. Seitdem fällt es mir viel einfacher, Entscheidungen zu treffen und auch mit weniger schönen Momenten klar zu kommen.
Ob Glück eine Entscheidung ist? Hier scheiden sich die Geister. Ich würde es allerdings bejahen, denn es macht Hoffnung, auch wenn es Arbeit bedeutet. Matthias Kunze hat 2018 einen Wildunfall überstanden. Daniel Bolloff hat nur durch Zufall von seiner Krankheit erfahren. Und für Laura und Stefan Gill sind Zeit und Geld keine Ausrede, unglücklich zu sein. Ob wir uns glücklich fühlen, sagt auch etwas über unsere Einstellung zum Leben, oder? Zumindest weiß ich, dass man das Glück nicht ständig infrage stellen sollte.

Herzlichst, Ihre
Marie-Luisa Lembcke