Gutes Fahrradklima in Schwerin?

Beim ADFC-Test nur ausreichend abgeschnitten

Schwerin • Die Bedingungen fürs Radfahren in Schwerin sind mangelhaft. So zumindest lautet das Urteil von 314 Schwerinerinnen und Schwerinern, die 2016 am Fahrradklima-Test des ADFC teilnahmen. Die Gesamtwertung: 3,8 nach Schulnotensystem: Fast schon durchgefallen. Aber woran liegt dieses Empfinden der Schweriner? War das schon immer so und was hat sich geändert – beziehungsweise, was nicht?
„Die Räder der Politik drehen sich leider sehr langsam. Ja, es passiert etwas, aber das dauert immer”, benennt Volker Schulz, Vorsitzender des ADFC Schwerin, eines der Hauptprobleme. Es gebe zwar immer wieder Einsicht bei der Stadtverwaltung, bis dann aber Konsequenzen folgten, vergingen nicht selten Jahre.
Drei Dinge fallen den Radfahrern in Schwerin aber auch besonders positiv auf, etwa, dass in Schwerin jeder – vom Bauarbeiter bis zum Minister – mit dem Rad fährt. Das ist offenbar sympathisch. Außerdem ist das Stadtzentrum gut zu erreichen, sagt der Fahrradklimatest 2016. Dass viele Einbahnstraßen für Radfahrer geöffnet sind, fällt ebenfalls positiv auf und macht das Radeln in der Stadt deutlich schneller, als das Fahren mit dem Auto. Und genau das sollte nach Ansicht des ADFC und auch der Stadtverwaltung das Ziel sein. Bis 2020 sollen 15 Prozent des gesamten Verkehrs in der Stadt auf dem Fahrrad stattfinden – so der Beschluss der Stadtvertretung vom 7. Dezember 2009. Ein Radverkehrskonzept wurde entwickelt und wird nach und nach umgesetzt. Drei besondere Wünsche des ADFC wurden dabei aber noch nicht oder nur zum Teil umgesetzt. „Es gibt keine vernünftige Stadtdurchquerung für Radfahrer”, merkt Volker Schulz an. So etwas sei bereits im Gespräch gewesen, dann aber wieder verworfen worden. An dem Wunsch nach mehr Stellplätzen arbeite die Stadt immerhin. „Es kommen immer mehr Bügel dazu, aber die reichen bei weitem noch nicht aus”, so der ADFC-Vorsitzende. Wer zudem durch die Altstadt fahre und dem Gesetz folgend auf den Straßen (und nicht etwa auf dem Gehweg) unterwegs sei, riskiere mitunter Schäden am Fahrrad sowie ein leichtes Schleudertrauma. „Das Kopfsteinpflaster verleitet viele dazu, auf den Gehwegen zu fahren. Wir würden uns Streifen mit geschnittenem Pflaster wünschen”, sagt Volker Schulz. Das wäre auch für die Anwohner deutlich leiser, ist aber angesichts der denkmalgeschützten Pflasterstraßen nicht einfach. Kurz gesagt: Schwerin ist auf einem guten (Rad-)Weg, radelt aber noch im Schneckentempo vorwärts. Ob das den Bürgern positiv auffällt, wird wohl der nächste Fahrradklima-Test zeigen, an dem sich jeder von September bis November unter www.fahrradklima-test.de beteiligen kann. Einen Wunsch haben Volker Schulz und der ADFC aber noch und den können ihm die Stadtvertreter nicht alleine erfüllen: „Es fehlt einfach die gegenseitige Rücksichtnahme unter den Verkehrsteilnehmern. Wenn jeder auf den anderen achten würde, wäre vieles einfacher.”

 

Fakten und Zahlen:
148,4 km Radweg gibt es in Schwerin, davon:
• 23,3 km „Radstreifen am Gehweg“
• 95,5 km „kombinierte (gemeinsame) Geh- und Radwege“
• 11,7 km „Radschutz- streifen auf der Fahrbahn“
• 12 km „zum Radfahren freigegebene Gehwege“
• 5,9 km „Sonstige“

Einer Schätzung nach gibt es 79.800 Fahrräder in ­Schwerin. Zum Vergleich: Es sind 56.000 Kraftfahrzeuge gemeldet.