Ihre politische Meinung, bitte: Februar 2020

Ist Notfallseelsorge im Ehrenamt zu kurz gedacht?

Gert Rudolf, Fraktionsvorsitzender CDU/FDP
Gert Rudolf, Fraktionsvorsitzender CDU/FDP

Zum einen muss man feststellen, dass psychische Erkrankungen in den vergangenen Jahren zugenommen haben. Die Gründe dafür sind vielfältig. Genau wie körperliche Erkrankungen halten sie sich nicht an Öffnungszeiten von regulären Betreuungsangeboten. Wir brauchen deshalb einen Notdienst. Zum anderen begrüßen wir grundsätzlich ehramtliches Engagement in allen Bereichen, auch bei der Seelsorgearbeit. Wenn sich jetzt herausstellt, dass sich nicht ausreichend Ehrenamtliche für diese wichtige Aufgabe finden lassen, erwartet unsere Fraktion vom Oberbürgermeister einen Lösungsvorschlag.

Dr. Daniel Trepsdorf, Fraktionsmitglied Die PARTEI.DIE LINKE
Dr. Daniel Trepsdorf, Fraktionsmitglied Die PARTEI.DIE LINKE

Schwerin hat beschlossen, dass der Krisennotdienst künftig für die Bürger der Stadt zur Verfügung stehen wird. Allerdings müssen wir die Umsetzung überdenken. Die Arbeit mit Menschen in seelischer Not ist anspruchsvoll und fordert die ehrenamtlich tätigen Fachkräfte. Das Engagement muss aufgewertet werden und die Aufwandsentschädigung deutlich steigen. Zudem wollen wir sicherstellen, dass den Ehrenamtlichen zum Beispiel durch Fortbildungen Entlastung angeboten wird. In der nächsten Fachausschuss-Sitzung werden wir das Thema erneut aufgreifen und die aktuellen Herausforderungen bearbeiten.

Christian Masch, Fraktionsvorsitzender SPD
Christian Masch, Fraktionsvorsitzender SPD

Menschen in psychischen Krisensituationen muss geholfen werden. Die Stadt will daher ein entsprechendes Unterstützungsangebot schaffen, und wäre damit Vorreiter in MV. Ziel ist es, den Betroffenen möglichst schnell und unkompliziert zu helfen. Aufwendige Klinikaufenthalte sollen vermieden werden. Ein entsprechendes Konzept wurde erarbeitet. Demnach sollen Fachleute ehrenamtlich tätig werden. Dafür ist eine Entschädigung vorgesehen. Es zeigt sich aber, dass es sehr schwer ist, Menschen dafür zu begeistern. Deswegen ist zu prüfen, ob weitere Anreize gesetzt werden müssen.

Dr. Hagen Brauer, Fraktionsvorsitzender AfD
Dr. Hagen Brauer, Fraktionsvorsitzender AfD

Über 20.000 Anrufe pro Jahr bei der Telefonseelsorge in Schwerin zeigen, wie hoch der Bedarf bei der Betreuung von Menschen in psychischen Notlagen ist. Der psychosoziale Krisendienst soll helfen, diesen Bedarf zu decken. Leider lässt die angespannte Haushaltssituation Schwerins aus unserer Sicht nur eine Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Helfer zu, deren Einsatz für andere Menschen unbezahlbar ist. Kann keine ausreichende Zahl an Fachkräften gewonnen werden, muss das „Konzept zur Sicherstellung der Hilfe in psychosozialen Notlagen“ noch einmal überdacht werden.

Silvio Horn, Fraktionsvorsitzender Unabhängige Bürger
Silvio Horn, Fraktionsvorsitzender Unabhängige Bürger

Für uns als Fraktion Unabhängige Bürger
steht schon lange fest, dass die psychosoziale Notfallseelsorge in der Landeshauptstadt allein mit Ehrenamtlern nicht möglich ist. Der Ansatz, Freiwillige für diese anspruchsvolle Tätigkeit
in die Verantwortung zu nehmen, ist damit aus unserer Sicht gescheitert. Wie sollen denn medizinische Laien im Ehrenamt in schwerwiegenden Notsituationen fachkundig helfen, wenn Fachleute für die Bewältigung von Krisensituationen jahrelang studieren und und Praxiserfahrungen benötigen? Daher muss schleunigst ein neues Konzept für den psychosozialen Krisennotdienst her!

Regina Dorfmann, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Regina Dorfmann, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/DIE GRÜNEN

Notfallseelsorge geschieht bereits im Ehrenamt, ebenso wie die Telefonseelsorge.
Aber es braucht gute Rahmenbedingungen – auch mit hauptamtlicher Betreuung, um diejenigen zu unterstützen, die ihre freie Zeit in den Dienst der Gemeinschaft stellen.
Der psychosoziale Krisennotdienstdienst, der in der Landeshauptstadt aufgebaut werden soll, ist eine sehr sensible Aufgabe. Die Schwierigkeit ist nachvollziehbar, Ehrenamtliche dafür zu gewinnen. Die Begleitung von Menschen in schwersten Krisen kann nicht allein ehrenamtlich geschultert werden. Das Konzept der Stadt muss diesbezüglich nachgebessert werden.