Die geteilte Stadt
Schwerin will gegen soziale Trennung vorgehen
Mueßer Holz • In kaum einer anderen Stadt in MV sind die sozialen Grenzen so eng gezogen, wie in Schwerin – sagt eine Studie. Wer gut verdient, wohnt am Pfaffenteich. Wer weniger hat, lebt in der Platte in Neu Zippendorf oder im Mueßer Holz. Eine Statistik des Wissenschaftszentrums Berlin brachte ans Licht, was einige Schweriner in ihrer Wahrnehmung täglich erleben.
In der Präsentation, die Professor Marcus Helbig von der Universität Erfurt in Schwerin gehalten hat, wurde klar: die meisten Schweriner mit wenig Geld leben räumlich getrennt von Menschen mit mehr Einkommen. Vor allem in Schwerin ist diese Trennung gravierender als in den anderen größeren Städten im Land. Was kann Schwerin gegen die soziale Isolation – die sogenannte Segregation – tun? Das war das Thema einer Podiumsdiskussion mit Experten, Politikern und Bürgern. Eine Idee aus der Talkrunde war, günstigen Wohnraum für Menschen mit wenig Einkommen in der City und hochwertige Wohnungen für Menschen mit dickerem Konto in sozial schwächeren Gebieten zu schaffen.
Reden über das Problem ist ein Anfang
Einfach zu lösen ist das Problem nicht – darüber waren sich die Experten einig. Die Spaltung der sozialen Schichten ist ein jahrelanger Prozess gewesen. Dass viele Menschen dieses Thema bewegt, zeigte sich im vollbesetzten Saal des Stadtteiltreffs „Campus am Turm” im Mueßer Holz. Hier wurde öffentlich darüber diskutiert. Viele Schweriner sind ans Mikrofon getreten und haben Infrastrukturminister Christian Pegel und Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier ihre Sicht auf die Probleme ihres Stadtteils geschildert. Gleichzeitig lobten einige ältere Bewohner des Stadtteils Mueßer Holz ihr Wohngebiet. Sie freuen sich im Alltag über günstige Mieten, gute Infrastruktur und den sozialen Zusammenhalt.
Sozialwohnungen in der City sind nötig
Sandra Tondl ist eine der beiden Stadtteilmanagerinnen für die Bereiche Mueßer Holz und Neu Zippendorf. Sie sagt: „Meiner Ansicht nach sind unsere beiden Stadtteile sehr gut durchmischt. Die Segregation wird dadurch deutlich, dass die meisten Menschen, die hier wohnen, von Sozialleistungen leben, im Niedriglohnsektor arbeiten und sich keine Wohnung im Innenstadtbereich leisten können.” Ein Ungleichgewicht, das die Stadtverwaltung mit höheren Wohnungszuschüssen zum sogenannten Hartz IV-Bezug ändern könnte. Vermieter, die auch sozial schwächeren Menschen in ihren Innenstadthäusern Wohnungen anbieten würden, gäbe es – sagen Experten. „Segregation existiert jedoch auch am wohlhabenden Ende der Gesellschaft”, meint Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier. „An der Ziegelsee-Promenade wohnen auch Menschen einer bestimmten Altersgruppe, die sich besonders durch Lautstärke gestört fühlt! Wenn hier in jedem Haus ein paar Pubertierende wohnen würden, wäre die Toleranzschwelle sicher ein bisschen anders”, fügt Dr. Rico Badenschier – nicht ganz ernst gemeint – der Podiumsdiskussion hinzu.
maxpress/Steffen Holz