Der Umgang mit Menschen laut Freiherr von Knigge
Sein Buch ist auch heute noch aktuell
Schwerin • Wer an „den Knigge“ denkt, denkt meist an ein Buch voller Benimmregeln. „Wozu diese Steifheit?“, mag manch einer fragen, ohne zu wissen, dass Adolph Freiherr Knigge ebenfalls auf festgezurrte Regeln gepfiffen hat.
Die heutigen Benimmbücher gehen zwar auf sein Werk zurück, doch „Über den Umgang mit Menschen“ – wie es heißt – kümmert sich überhaupt nicht um den eingedeckten Tisch oder darum, wer nach wem die Treppe hinaufgehen darf. Der Freiherr würde sich im Grabe herumdrehen, wüsste er, welcher Ruf ihm heute anhaftet. Denn ein Benimmpapst war er nie.
1752 geboren, wuchs Adolph Knigge zwar in einem adeligen Elternhaus auf – aber er war schon als Kind häufig beim Sohn des Gärtners zu Gast. Der junge Knigge war ein Freigeist und guter Beobachter. Im Haus des Freundes ging es bürgerlich zu, herzlicher und wärmer. Als er früh verwaiste und einen Schuldenberg seiner Eltern erbte, machte Adolph Knigge sich ans Schreiben und sinnierte über den Umgang miteinander.
Was er wollte, waren keine steifen Regeln, sondern eine gesunde Grundhaltung allen Menschen gegenüber. Dazu zählten das Interesse am anderen und der Respekt gegenüber Andersartigkeit. Es heißt, er habe als einer der ersten ein Buch für alle Schichten geschrieben – und nicht allein für die Elite. Jeder sollte sich seiner Meinung nach auf andere einstellen, ganz ungezwungen, einfach aus einem guten Charakter heraus. Das war für ihn die Grundlage gesunder Begegnungen.
Was durch Corona geschehen ist, würde ihm also womöglich gefallen: Menschen nehmen sich selbst ein Stück zurück – zum Beispiel um Risikogruppen zu schützen. Menschen gewähren wieder natürlichen Freiraum. Menschen beobachten feinfühliger und schärfen ihre Sinne für das, was um sie herum geschieht. Und Menschen lernen kleine Dinge wieder als große Schätze schätzen.
Janine Pleger