Das Welterbe in der Stadt

Schwerin sattelt auf

Schwerin • Es ist eine Wissenschaft für sich: Der Bürgerverein „Pro Schwerin“ stieß im Jahr 2000 die Idee an, Schwerin mit für das Unesco-Weltkulturerbe vorzuschlagen. Seit 2014 steht das „Residenz-Ensemble Schwerin – Kulturlandschaft des romantischen Historismus“ auf der sogenannten Tentativliste, der Vorschlagsliste für künftige Nominierungen aus Deutschland. Damit ist eine wichtige Hürde genommen, denn nun kann Schwerin dem Welterbekommitee der Unesco als potenzielles Weltkulturerbe vorgeschlagen werden.
Deutschland darf pro Jahr nämlich nur zwei Bewerbungen einreichen. Schwerins OB Rico Badenschier rechnet Schwerin für 2023 oder 2024 gute Chancen aus. Es könnte aber auch schon früher soweit sein, zum Beispiel wenn andere Kandidaten ihre Bewerbung zurückziehen. „Für diesen Fall wollen wir Ende 2019 unsere Bewerbung fertig haben“, sagt er. Um das zu erreichen, arbeiten Schwerin, Land und Landtag seit Jahren partnerschaftlich zusammen. Welterbe-Managerin Claudia Schönfeld koordiniert den Prozess vom Stadthaus aus, kommuniziert zum Beispiel mit Verantwortlichen und organisiert Veranstaltungen wie die Welterbetagungen mit. An der Hochschule Wismar wurde im vergangenen Jahr sogar eine Welterbe-Professur eingerichtet. Von hieraus forscht Architekt Professor Arnd Florian Hennemeyer, um die Bewerbung mit überzeugenden Argumenten zu untermauern.
Schwerin muss als Teil der Bewerbung außerdem einen Management-Plan aufstellen. Das Papier erklärt unter anderem, wie das Kulturerbe künftig geschützt und weiterentwickelt werden soll. Am Ende werden die Bewerbungsunterlagen mehr als tausend Seiten zählen – „und bis zur Abgabe laufend aktualisiert, denn wir entwickeln das Residenz-Ensemble ja immer weiter“, erklärt die Welterbe-Managerin. Zum Beispiel müssen die Schlossfestspiele optimiert werden, „um mit den strengen Vorgaben der Unesco kompatibel zu sein“, sagt Lars Tietje, Intendant des Mecklenburgischen Staatstheaters. So müssen die Sichtlinien zum Schloss gesichert und die Aufbauzeiten der Bühne anders organisiert werden.
Zur Unesco-Welterbefamilie gehören zurzeit 167 Nationen. „Es ist eines der größten Netzwerke“, sagt Schwerins Welterbemanagerin Claudia Schönfeld. „Wir möchten Teil davon werden.“

Womit bewirbt sich Schwerin ums Welterbe?
Mit dem „Residenz-Ensemble – Kulturlandschaft des romantischen Historismus“. Das Residenz-Ensemble spiegelt den Lauf einer tausendjährigen Herrschaftsgeschichte wider – von der ersten slawischen Burg Zuarin im 10. Jahrhundert über die Zeit der Herzöge bis hin zum heutigen Sitz der Landesregierung. Schwerin will also vor allem mit seinem Schloss punkten, aber nicht nur. Die Bewerbung bezieht 43 Bauten und Anlagen ein.

Was kostet das und wer bezahlt das?
Schwer sozusagen. Schwerin und das Land investieren jeweils etwa 50.000 pro Jahr in das Management. Davon werden die Welterbe-Managerin, Broschüren und weitere Leistungen bezahlt. Aber auch die Professur in Wismar, externe Gutachter und Tagungen kosten Geld.

Wo sehe ich, was Welterbe werden soll?
An der Siegessäule gegenüber des Alten Gartens. Dort zeigt ein Modell – voraussichtlich ab Herbst – Schwerin und sein Residenz-Ensemble in Miniatur und mit hoher Präzision. Der Welterbeverein Schwerin hat das Modell initiiert.

Wie kann ich mitmachen?
Unter dem Motto „ein Erbe für die Welt“ wirbt der Welt- erbe Schwerin Förderverein für das Residenz-Ensemble – ideel und finanziell. Damit unterstützt er die Bemühungen von Stadt, Mecklenburg-Vorpommern und Landtag. Mehr als 100 Mitglieder machen sich inzwischen im Verein stark. Die Organisation steht allen offen, sich auf verschiedene Arten zu engagieren, wie Kornelia von Berswordt-Wallrabe vom Verein erklärt. Mehr Informationen gibt es unter www.welterbe-schwerin.de.


BU1: Der Reiter mit dem Pferd am Alten Garten ist Teil des Residenz-Ensembles
BU2: Die Schlossfestspiele beleben zwar den Alten Garten, versperren aber in der Aufbauphase die Sicht auf die Gebäude. Schwerin will nachbessern, um die Festspiele auf jeden Fall zu behalten.
BU3: Historische Bauten und moderne Architektur stehen in keinem Widerspruch, wie das Staatliche Museum aus dem Jahr 1882 und sein Anbau aus dem Jahr 2016 verdeutlichen.
BU4: Die Villen an der Werderstraße geben dem Schloss ein würdiges Gegenüber und bilden eine ästhetische Verbindung zum Marstall, genauso wie es Großherzog Friedrich Franz II. beabsichtigte.
BU5: Die Insel Kaninchenwerder hat eine lange Besiedlungsgeschichte. im 19. Jahrhundert wurde sie zum Park, erhielt einen Aussichtsturm und war damals ein beliebzes Ausflugsziel der Schweriner.
Fotos: maxpress/jf