Chemieunterricht im Labor des Doktor Faust

Mueßer Holz • Dass naturwissenschaftlicher Unterricht nicht langweilig und kompliziert sein muss, wissen die Schüler des Pädagogiums Schwerin ganz genau. Um ihnen den schwierigen Lernstoff anschaulich näher zu bringen, wenden die Lehrer schon mal ganz besondere Methoden an. Denn wer denkt bei Goethe’s Faust schon an chemische Verbindungen?

Wenn Schulleiterin und Chemielehrerin Grit Kramer den Unterricht vorbereitet, gilt das Motto „Lernen mit allen Sinnen”. Guter Unterricht müsse immer ein wenig Erlebnis für die Schüler bereithalten, um sie für ein Thema zu begeistern. Im vergangenen Schuljahr stand das Thema „chemische Bindungen” auf dem Stundenplan der 9. Klasse. „Ich musste also einen Weg finden, dieses ja eher trockene Thema mit einem Erlebnis zu verbinden“, so Grit Kramer. Nach einigem Überlegen kam ihr die Idee, die Geschichte des Doktor Faust in den Mittelpunkt zu stellen. Schließlich habe auch er sich an vielen Experimenten ausprobiert und fragte, „was die Welt im Innersten zusammenhält“. Vor Unterrichtsbeginn, während der „morgendlichen Lesezeit“, wurden fortan einzelne Szenen aus Goethe’s Werk gelesen. „Die Schüler sollten sich alles genau vorstellen: das funkelnde Mondlicht, aufsteigender Rauch oder wie Faust den Geist beschwört.“ Im Chemieunterricht hieß es dann, diese Szenen mithilfe chemischer Experimente nachzustellen.
Die Idee ihrer Lehrerin kam bei den Schülern so gut an, dass sie sogar ein richtiges Theaterstück inszenieren und dieses zum Tag der offenen Tür präsentieren wollten. Während der Projektwoche am Ende des Schuljahres blieb genug Zeit, um Kostüme auszuwählen und das Faust-Labor auf ein kreatives Bühnenbild zu bringen. Alte Schriftrollen und Bücher, Kerzen, Tintenfässer und Federn durften nicht fehlen. „Ich habe mit Hilfe der Originaltexte dann so einen kleinen Mini-Faust verfasst, der quasi die Aufgabe hatte, unser Labor und unseren Chemieunterricht vorzustellen.“
Am Tag der offenen Tür präsentierte die Klasse schließlich ihr Theaterstück in Form eines Wander-Theaters in verschiedenen Räumen. Im verdunkelten Alchemielabor wurden beeindruckende Experimente mit Lichteffekten und Explosionen gezeigt. „Riesen-Respekt vor den Schülern“, so Grit Kramer. Zum Schluss ging es in das moderne Chemielabor der Schule, wo die Schüler noch einmal erklärten, was die Welt im Innersten zusammenhält. Die rund 200 Besucher waren begeistert und es gab tosenden Beifall. „Weil das Ganze so gut ankam, haben wir uns schon jetzt überlegt, das Stück im nächsten Jahr noch einmal zu zeigen – dann allerdings mit der Ergänzung der Szene ,Auerbachs Keller in Leipzig´. Im Anschluss wird im Labor die alkoholische Gärung erläutert.“

ml

Fotos: Oliver Sprafke