Chefsache: Schweizer Präzision und Gelassenheit

Ypsomed entschied sich unter 22 Standorten für Schwerin

Liane Haberland und Diane Leistner (v.l.) bei der Qualitätsprüfung von Diabetiker-Pens zur Selbstbehandlung
Liane Haberland und Diane Leistner (v.l.) bei der Qualitätsprüfung von Diabetiker-Pens zur Selbstbehandlung, Fotos: maxpress

Göhrener Tannen • „Wir müssen uns bewusst sein, dass an unserer Arbeit das Wohl Kranker hängt“, sagt Ypsomed Produktion-Geschäftsführer Peter Perler. Der Hersteller von Medizintechnik zur Selbstbehandlung schafft im neuen Schweriner Werk mindestens 200 Arbeitsplätze.

Ypsomed ist Weltmarkführer für Diabetiker-Hilfsmittel. Zehn Millionen Infusionssets sollen in Schwerin jährlich produziert werden. Beim hauspost-Besuch ist das neue Werk im Industriepark fast verwaist. „Brückentag“ erklärt der Chef Peter Perler freundlich und entspannt. Einen Tag vorher gaben sich Hunderte Gäste, darunter Bundes- und Landesminister, zur Einweihung die Klinke in die Hand. Auch der Rundgang mit Manuela Schwesig und Jens Spahn brachte ihn nicht aus der Ruhe. Beide feierten die Ypsomed-Ansiedelung als politischen Erfolg. Schwerin bekam den Zuschlag für das 81 Millionen Euro-Investment unter 22 möglichen Standorten weltweit. Die angebotene Fläche, die Infrastruktur (Nähe zum Hamburger Hafen), die EU-Lage und das Fachkräfte-Angebot gaben den Ausschlag. Das Familienunternehmen aus der Nähe von Bern sah keine Möglichkeit, innerhalb der Schweiz zu wachsen. „Das Lohnniveau war nicht entscheidend, sonst hätten wir uns für China oder Tschechien entschieden“, betont Peter Perler. „Wichtiger ist, dass es überhaupt verfügbare Fachkräfte gibt und die auf Grund der wirtschaftlichen Tradition auch noch Ahnung von Spritzguss haben“, meint der Geschäftsführer.
Peter Perler empfindet die Mecklenburger Mentalität als weiteren Vorteil. „Unsere Arbeit muss diszipliniert, gewissenhaft und immer gleich ausgeführt werden, das passt schon gut zu der ruhigen Art hier.“
Die ersten Produkte aus Schwerin sind die mechanischen Teile eines Diabetiker-Pens. „Wir erleichtern das Leben vieler Menschen, aber wenn etwas schiefgeht, leiden auch viele darunter – das ist schon etwas anderes als Kugelschreiber herstellen.“ Peter Perlers Mutter litt Jahrzehnte unter Diabetes, das ist zusätzliche Motivation für den Sohn. Ihn treibt auch das Wohl der Mitarbeiter. „Was muss passieren, damit Dein Tag besser ist?“, fragt der gelernte Feinwerks-Ingenieur regelmäßig im Einzelgespräch, denn er möchte, dass die Mitarbeiter wirklich gerne zur Arbeit gehen.
„An das ,Du‘ zum Chef mussten wir uns gewöhnen, aber die Arbeits-Atmosphäre ist sehr gut, auch wegen der Schweizer Gelassenheit“ lobt Liane Haberland aus Mirow, die gerade die Qualität der Cartridges prüft. Kollegin Dina Leistner ergänzt: „Der Arbeitsplatz ist auch einfach schön, von der Einfahrt angefangen“. Beide tragen Plastikhauben. Die Produktion ist staub- und im Reinraum auch keimfrei. Im Reinraum wird das Infusionsset hergestellt und sterilisiert. Zu Beginn arbeiten bei Ypsomed 33 Mitarbeiter, die dann schrittweise ergänzt werden. Das Werk ist für 200 Arbeitsplätze angelegt. Ypsomed überlegt bereits eine Verdoppelung durch eine zweite Werks-Halle daneben. Qualitätsingenieure, Mechatroniker, Werkzeugmacher und Kunststoffspritzgusstechniker haben gute Chancen.
Entspannung findet Peter Perler beim Dolphin 81-Klasse-Segeln. Er war darin Schweizer Meister. Die Berge vermisst er nicht und bekennt: „Ich mag keinen Wintersport.“ Mit 60 ist es seine letzte Station. Schwerin könnte ihm auch als Ruhesitz gefallen, denn „hier denkt man erst und redet dann – wie in der Schweiz“. 

maxpress/fm

Ypsomed Produktion-Geschäftsführer Peter Perler
Ypsomed Produktion-Geschäftsführer Peter Perler