Bis hierhin und nicht weiter

AWO wappnet Schweriner Schüler gegen sexuellen Missbrauch

Großer Dreesch • „Mein Körper gehört mir!” – mit diesem Wissen gingen am Montag die Schüler der 3. und 4. Klassen an der Astrid Lindgren Schule aus dem gleichnamigen Präventionsprojekt der AWO und der the aterpädagogischen Werkstatt Osnabrück. In drei Unterrichtsstunden konnten sich die Kinder kleine Thea terstücke rund um das Thema sexueller Missbrauch ansehen, Fragen stellen und lernen, ihrem Gefühl zu vertrauen.

„Ach, das bildest du dir doch nur ein. So wie das Monster unter deinem Bett”, sagt Sonja. Sie ist die Mutter von Heiko. Der verängstige Junge hat ihr gerade erzählt, dass er regelmäßig von seinem Bruder dort angefasst wird, „wo ich es nicht mag”. Dass seine Mutter ihm nicht glaubt, macht Heiko sehr traurig. Viele Kinder würden in dieser Situation vermutlich aufgeben, sich selbst die Schuld geben – Heiko macht das nicht. Er sucht weiter nach einem Erwachsenen, der ihm glaubt und findet schließlich Hilfe.
Heiko und Sonja sind Schauspieler, genauer gesagt Theaterpädagogen. Und obwohl es sich bei der Szene nur um ein Theaterstück handelt, ist die Botschaft für alle Schüler klar: Ihr Körper gehört ihnen und wenn sich eine Situation oder Berührung komisch anfühlt, dürfen und müssen sie darüber sprechen. Und genau darum geht es in dem Präventionsprojekt, das seit 2012 an vielen Schulen in Schwerin stattfindet. Die Schüler sollen auf kindgerechte Weise lernen, dass sie selbst darüber entscheiden können, von wem und auf welche Art sie berührt werden. Sie dürfen „Nein” sagen und sie dürfen sich Hilfe suchen.
Dass dieses Thema gerade an der Astrid Lindgren Schule behandelt wird, liegt dem Schulleiter Peter Metzler sehr am Herzen. „Es ist sehr wichtig, dass wir den Kindern zeigen, wie sie stark sein und sich schützen können. Ein Großteil der Opfer aus dem Power-for-Kids-Vorfall kam von dieser Schule. Wir haben das Thema zunächst selbst aufgearbeitet. Das Projekt der AWO ist nun der nächste Schritt. Die künstlerische Form ist optimal, um einen kindgerechten Einstieg in das Thema zu bekommen”, erklärt er.
Die Schüler selbst nehmen das Projekt ebenfalls gut an. Sie sind neugierig, stellen Fragen und arbeiten mit. Als Heiko zum Abschluss der letzten Stunde noch einmal das gemeinsam ein studierte Lied – den „Körpersong” – anstimmt, singen und tanzen die Dritt- und Viertklässler fröhlich mit. Keine bedrückte Stimmung, keine Angst, keine Ablehnung – nur so funktioniert die Aufklärung.
Doch das Projekt richtet sich nicht ausschließlich an die Schüler. „Kein Kind kann sich alleine beschützen”, sagt Petra Clermont von der AWO-Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt. Deshalb werden vor dem Start des Projekts an der Schule stets Informationsabende für Eltern und Lehrer veranstaltet. Außerdem erhält jedes Kind nach dem Projekt eine Karte auf der die kostenlose Hilfe-Hotline und das Internetportal www.meinkoerpergehoertmir.de vermerkt sind. „Inzwischen läuft das Projekt sehr gut. An einigen Schule findet es regelmäßig statt”, berichtet Petra Clermont. Das sei vor allem der Finanzierung durch den Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung MV und den Sisyphus e.V. Schwerin zu verdanken. „Natürlich würden wir uns freuen, wenn sich noch mehr Schulen für das Projekt entscheiden. Dieses Thema darf einfach nicht ignoriert werden”, appelliert sie.