Artenvielfalt in Schwerin

Viele bedrohte aber auch gefährliche Tierarten fühlen sich in der Landeshauptstadt zunehmend wohl

Seeadler nisten schon einige Jahre auf Kaninchenwerder und am Medeweger See
Seeadler nisten schon einige Jahre auf Kaninchenwerder und am Medeweger See, Foto: Hauke Behr

Schwerin • Der Fischadler zieht seine Kreise hoch über der Stadt, auch Eisvogel und Fischotter schätzen die fischreichen Seen. Sogar sensible Libellen fühlen sich in Schwerin wohl, Fuchs und Igel sowieso und das Wildschwein schon zu sehr. Auch Isegrim guckt gelegentlich vorbei. Genauere Aussagen zur Entwicklung der Artenvielfalt in Schwerin sollen laut Fachdienstleiter Dr. Hauke Behr in den nächsten Jahren gutachterlich ermittelt werden.

„Die genaue Anzahl der im Stadtgebiet vorkommenden Arten ist nur von wenigen Tiergruppen bekannt. Eine Ausnahme stellt hier die Libellenfauna dar. So liegen Nachweise von 46 Libellenarten, einer im Vergleich zu anderen Städten relativ hohen Artenzahl, vor”, sagt der städtische Naturschützer. Selbst die extrem seltene Grüne Mosaikjungfer hat sich an einem renaturierten Kleingewässer mit einem Krebsscherenbestand bei Neumühle wie- der angesiedelt. Sehr erfreulich sei auch, dass sich der Fischadler am Siebendörfer Moor eingerichtet hat. Seeadler nisten schon einige Jahre auf Kaninchenwerder
und am Medeweger See. Wanderfalken, vor einigen Jahren noch vom Aussterben bedroht, haben sich im Dom und am Industriegebiet Schwerin-Süd angesiedelt. „Wirklich besonders ist, dass erstmals Flussseeschwalben in Schwerin brühten, und zwar auf dem künstlichen Wellenbrecher an der Bornhövedestraße“.

Auch die heimlichen Stars unter den See- vögeln fühlen sich in Schwerin wohl. „Einen Eisvogel im Sturzflug zu sehen, gehört zu den edelsten Naturerlebnissen, es weckt unmittelbar Glücksgefühle.“ Die geschützte Kolbenente macht mit ihren strahlendroten Kopffedern dem Eisvogel Schönheitskonkurrenz. Auch der Brutbestand von 1.300 Haubentauchern war vor einigen Jahren nicht denkbar. Leider macht sich der Storch dagegen zunehmend rar. Unter den Säugetieren bestimmen Tagesbesucher mit stechendem Blick die Schlagzeilen. Hauke Behr mahnt zur Gelassenheit: „Wir stehen nicht auf dem Speiseplan der Wölfe, er meidet den Menschen, allerdings nicht menschliche Strukturen“. Als Biologe freut ihn jedoch die Rückkehr des Jägers. Sorgen bereitet ihm eher das rasante Vermehren der Wildschweine: „Zum einen übertragen sie potentiell die Schweinepest an Hausschweine, zum anderen haben sie keine Scheu vor den Menschen“. Auch den Waschbär gilt es, loszuwerden, denn „er gehört nicht hierher und schadet heimischen Arten“. Gleiches gilt für die robuste Nutria. Fester Bestandteil der heimischen Fauna ist dagegen der Fischotter. „Er war nie ganz weg, denn in Ostdeutschland gab es kaum Flurbereinigung, welche die Fischotter aus Westdeutschland vertrieben hat.“

Hauke Behr arbeitet daran, Artenschutz in der Neuauflage des Landschaftsplans strenger zu regeln. Schwerin hat als einzige Stadt in MV eine Naturschutzstation, betrieben wird sie am Zippendorfer Strand vom NABU. „Der NABU leistet wichtige Arbeit, indem er die Schweriner für den Artenschutz sensibilisiert“, lobt der Biologe. Am überzeugendsten wirbt aber das Naturerlebnis. „Ich saß im Schlauchboot auf dem Grimkesee, als es hinter mir platschte. Ich drehte mich um und ein Fischadler mit einem Fisch im Schnabel stieg majestätisch empor, das war schon sehr beeindruckend“. Perfekte Motivation für die Arbeit im Stadthaus.

maxpress/Florian Maas