Stadtwerke-Chef Dr. Josef Wolf über die Energiesituation in Schwerin

Mehrkosten im Erdgaseinkauf machen keinen Bogen um Schwerin und zwingen zur Preiserhöhung

Dr. Josef Wolf, Geschäftsführer der Stadtwerke Schwerin, beantwortet die wichtigsten Fragen zur Preisentwicklung, Fotos: SWS, maxpress
Dr. Josef Wolf, Geschäftsführer der Stadtwerke Schwerin, beantwortet die wichtigsten Fragen zur Preisentwicklung, Fotos: SWS, maxpress

Schwerin • Die Preise für die Erdgasbeschaffung bewegen sich schon seit Längerem auf einem sehr hohen Niveau und haben in den letzten Monaten immer wieder neue Höchststände erreicht. Stadtwerke-Chef Dr. Josef Wolf erklärt die Preisentwicklung der letzten Monate und was diese für Erdgaskunden in Schwerin bedeutet.

hauspost: Warum sind die Preise für Erdgas so stark gestiegen?
Dr. Josef Wolf: Die Preise auf den Beschaffungsmärkten für Erdgas steigen schon seit dem Frühjahr 2021 spürbar an. Mit Beginn des Ukraine-Krieges hat sich das sehr hohe Preisniveau auf den Energiemärkten leider nochmals verschärft. Die geringen Gasliefermengen aus Russland und die weltweit hohe Nachfrage nach Erdgas treiben die Preise in die Höhe.
Der durchschnittliche Jahrespreis für Erdgas, wenn jeweils im vorherigen Quartal eingekauft werden würde, lag für das Jahr 2021 bei rund 14 Euro, für 2022 bei rund 65 Euro und für 2023 (mit Einkauf im 3. Quartal für das kommende Jahr) werden derzeit knapp 140 Euro pro Megawattstunde Erdgas fällig. Würde man sehr kurzfristig heute für den kommenden Tag Erdgas beschaffen, fallen momentan im Schnitt sogar über 200 Euro pro Megawattstunde an (Stand Mitte August).

hauspost: Was bedeutet diese Entwicklung für Schweriner Gaskunden?
Dr. Josef Wolf: Wir kaufen das Erdgas für unsere Kunden über mehrere Jahre so ein, dass kurzfristige Preissprünge im Einkauf nur wenig Einfluss auf die Endkundenpreise haben.
Da die Beschaffungspreise auf den Energiemärkten aber schon länger auf einem sehr hohen Niveau waren und trotzdem noch weiter gestiegen sind, haben wir – wie andere Versorger auch – erhebliche Mehrkosten im Erdgas-Einkauf, die wir nicht mehr abpuffern können. Um weiterhin die notwendige Energiebeschaffung finanzieren zu können, müssen wir deshalb unsere Erdgaspreise zum 1. Oktober 2022 anheben. Über die Preiserhöhung und die dadurch entstehenden Mehrkosten haben wir alle betroffenen Kundinnen und Kunden Mitte August schriftlich informiert.

hauspost: Was hat es mit den neuen Gasumlagen auf sich, von denen aktuell in den Medien zu hören ist?
Dr. Josef Wolf: Die Bundesregierung hat die Einführung einer neuen Gasbeschaffungsumlage beschlossen, die von allen Gaskunden zu entrichten ist. Sie verfolgt das Ziel, den Energiemarkt zu stabilisieren und die Versorgungssicherheit mit Erdgas zu gewährleisten. Dabei geht es konkret um die finanzielle Unterstützung von Gasimporteuren, wie zum Beispiel Uniper, welche wiederum Energieversorger wie die Stadtwerke beliefern.
Durch die ausgefallenen Lieferungen aus Russland können die Gasimporteure bestehende Lieferverträge nur noch erfüllen, wenn sie kurzfristig Erdgas zu wesentlich höheren Kosten einkaufen. Um zu verhindern, dass die Gasimporteure dadurch in eine finanzielle Schieflage geraten und Lieferketten unterbrochen werden, sollen sie einen finanziellen Ausgleich für die Kosten der teuren Ersatzbeschaffung erhalten. Dies wird mit der neuen Gasbeschaffungsumlage (EnSiG-Umlage) finanziert. Ab dem 1. Oktober 2022 wird es auch noch eine weitere staatliche Umlage geben, die sogenannte Gasspeicherumlage. Auch sie soll der Versorgungssicherheit dienen und die ungeplanten staatlichen Zusatzausgaben zur Befüllung der Erdgasspeicher ausgleichen.

hauspost: Was heißt das konkret für Gaskunden in Schwerin?
Dr. Josef Wolf: Die Stadtwerke Schwerin müssen die neuen Umlagen in voller Höhe abführen. Für Schweriner Gaskunden bedeutet die Gasbeschaffungsumlage ab 1. Oktober 2022 eine zusätzliche Erhöhung des Arbeitspreises um brutto 2,879 Cent je Kilowattstunde. Die Gasspeicherumlage wird weitere 0,07 Cent je Kilowattstunde brutto betragen.

hauspost: Die Bundesregierung hat die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Erdgas angekündigt. Wie werden Sie damit umgehen?
Dr. Josef Wolf: Wenn die Mehrwertsteuer für Gas ab 1. Oktober von aktuell 19 Prozent auf 7 Prozent abgesenkt wird, geben wir diese umgehend an unsere Kunden weiter. Dadurch wird die Preiserhöhung durch die Umlagen etwas abgefedert.

hauspost: Möchten Sie Ihren Kundinnen und Kunden noch etwas mit auf den Weg geben?
Dr. Josef Wolf: Aktuell ist die Versorgung unserer Kunden mit Gas, Wärme und Strom gesichert. Dennoch stellt diese Ausnahmesituation uns alle vor große Herausforderungen. Wir befassen uns daher eingehend mit Planungen, Vorbereitungen und Maßnahmen, damit die Versorgung auch in den kommenden Monaten gesichert ist. Darüber hinaus ist es tatsächlich ratsam, schon heute nach Einsparmöglichkeiten für Erdgas zu suchen und diese auch zu nutzen. Was heute mehr eingespeichert werden kann, steht im Notfall zur Versorgung über einen längeren Zeitraum zur Verfügung.
Uns ist bewusst, dass die steigenden Energiepreise für viele Kundinnen und Kunden eine große zusätzliche Belastung sind. Dennoch haben wir leider keine andere Wahl, als die gestiegenen Kosten weiterzugeben. Denn wir müssen die notwendigen, momentan sehr kostspieligen Einkäufe an den Energiemärkten gegenfinanzieren. Wir empfehlen unseren Kunden, ihre Abschläge zu überprüfen und gegebenenfalls anzuheben, um größere Nachzahlungen zu vermeiden.
Dazu und auch zu allen anderen Fragen können sich Kundinnen und Kunden jederzeit an unseren Kundenservice wenden. Wir sind sowohl persönlich in unseren Kundencentern, telefonisch unter (0385) 633-1427 oder online unter www.stadtwerke-schwerin.de für sie da.

Das Diagramm verdeutlicht, wie sich die Erdgaspreise in den letzten Monaten am Großhandelsmarkt EEX entwickelt haben, Quelle: SWS