Visionär mit großem Herzen – Stadtgesicht Heiko Höcker aus Schwerin
Der Musikenthusiast strebt nach einer gerechten Welt und verbindet Menschen
Schwerin • Dass auf der Erde vieles schief läuft, ist Heiko Höcker schon seit seiner Kindheit ein Dorn im Auge. Früher waren es die atomare Aufrüstung und Unrecht in der DDR, die ihn politisierten. In seiner eigenen Jugend hatte er auch mit schwierigen Bedingungen zu kämpfen. Motiviert hat ihn in dieser Zeit die Musik: Vor allem die Texte eines Rockstars haben sowohl sein jugendliches als auch erwachsenes Herz angesprochen.
„Die Lieder von Udo Lindenberg haben mir sehr geholfen“, erzählt Heiko Höcker. „Als ich jung war, hatte er schon positive und lebensbejahende Texte. Das hat mir Kraft gegeben, um in dieser Zeit nicht durchzuhängen.“ Seine Kindheit war nicht einfach und hat ihm gezeigt, wie wichtig ein intaktes familiäres Umfeld für Heranwachsende ist. Mit 16 Jahren entschied er sich, aus seiner Geburtsstadt Weimar wegzugehen. „Ich bin nach Erfurt gezogen und habe dort alleine in einer alten Lehmhütte gelebt. Wasser gab es gegenüber bei der Vermieterin“, berichtet der 57-Jährige von dieser bewegenden Zeit. „Wenn ich im Winter bei minus zehn Grad nach Hause kam, habe ich erstmal ein Feuer angemachtund dann bei Freunden einen Tee getrunken. Als ich wiederkam, war es immerhin zehn Grad wärmer und ich dachte: Wow, die Überlebenschancen sind gestiegen.“
Für seine Leidenschaft – die Rockmusik – hat er schon immer Berge versetzt: „Mit dem schweren Tonbandgerät bin ich – auch bei Schnee – fünf Kilometer ins Nachbardorf zu einem Freund gelaufen und habe mir bei ihm neue Schallplatten überspielt. Das war für mich das Größte“, erinnert sich der Musikenthusiast gerne zurück. Zu Hause hat er sich dann Lindenberg-Songs angehört. Er war so großer Fan, dass er seinem Idol sogar einen Brief geschrieben hat. „Der wurde allerdings von der Stasi abgefangen und von mir gab es seitdem eine Akte: Ich galt von da an als ,dekadenter Jugendlicher’.“ Seine Wunschausbildung zum Erzieher konnte er daher nicht machen und entschied sich daraufhin für den Beruf des Lithografen. Nach der Wende begann er, ehrenamtlich Konzerte zu veranstalten – häufig für Menschen, die es in der Gesellschaft nicht einfach haben. „In Erfurt lebten vietnamesische Arbeiter in einem großen Wohnblock, da habe ich an jedes Zimmer geklopft und alle eingeladen.“ Die Erfurter Pfarrerin war von der Idee eines Konzerts angetan und so gab es ein volles Haus in der Kirche. „Als ich die damals unbekannte Band Keimzeit 1990 das erste Mal live gesehen habe, habe ich sie nach der Show angequatscht und gefragt, wo sie denn übernachten: Sie meinten, sie schlafen auf dem Bühnenboden“, sagt Heiko Höcker lachend. „Ich habe sie dann zu mir eingeladen und beim Frühstück am nächsten Morgen gefragt, ob sie ihre Gage spenden würden,um für das Haus einer vietnamesischen Freundin den Elektriker zu bezahlen. Das haben sie gemacht und die Freundin wohnt immer noch in dem Gebäude.“ Bis heute besteht auch die Verbindung zu der Band und Sänger Norbert Leisegang (Foto unten).
Nach vielen Jahren in Kassel zog es Heiko Höcker der Liebe wegen nach Mecklenburg. Seine heutige Frau Grit lernte er 2014 kennen. Seit Juni sind die beiden verheiratet. „Sie ist der wichtigste Mensch in meinem Leben. Wir haben zusammen neu angefangen und unterstützen uns sehr“, sagt der frisch gebackene Ehemann. Er holte die Erzieherausbildung nach und gründete einen Träger für ambulante Kinder-, Jugend- und Familienhilfe – den Sternentaler Schwerin e.V. „Dabei mache ich das, was ich mein ganzes Leben schon mache – Menschen helfen. In den vergangenen Jahren haben wir viele soziale Projekte umgesetzt wie Sternenmaler, das Integrationsvideo ,Wir werden jetzt Freunde’ mit syrischen Geflüchteten und diesen Sommer das interkulturelle Straßenfest Mother Earth.“ Zeit mit seinen liebsten Menschen – den drei Kindern und beiden Enkeln – zu verbringen, liegt ihm am Herzen. Seinen persönlichen Lebensgrundsatz zieht der Visionär aus einem Zitat von Albert Einstein: „Die Macht der Planeten ist riesengroß, aber die Liebe ist die stärkste Kraft.“ Beruflich und privat ist Heiko Höcker glücklich und ist sich sicher: „Schwerin ist die Stadt, die ich nicht mehr verlassen werde.“
Matti Kruck
Foto: maxpress
Foto: privat