Wenn Kindeswohl in Gefahr ist

Der Kinder- und Jugendnotdienst der AWO in Schwerin ist der sichere Ort für die Betroffenen

Es ist 21.50 Uhr, als das  Telefon des Kinder- und Jugendnotdienstes klingelt. Am anderen Ende meldet ein völlig aufgelöster und besorgter Anwohner, dass die Kinder aus der Nachbarschaft seit Stunden laut weinen.
So verwahrlost fanden die Fachkräfte vom Jugendamt, des AWO Kinder- und Jugendnotdienstes sowie der Polizei die Familienwohnung der vernachlässigten Kinder vor, Foto: AWO

Schwerin • Es ist 21.50 Uhr, als das Telefon des Kinder- und Jugendnotdienstes klingelt. Am anderen Ende meldet ein völlig aufgelöster und besorgter Anwohner, dass die Kinder aus der Nachbarschaft seit Stunden laut weinen. Doreen Graack, die Leiterin der AWO-Einrichtung, weiß jetzt genau, was zu tun ist. Was sie bei den Kindern erwartet, weiß sie noch nicht.

Zunächst informiert die Expertin den Bereitschaftsdienst des Jugendamtes und – bei Einsätzen nach 21 Uhr – immer die Polizei. Als die Fachkräfte an der besagten Wohnung klingeln, passiert nichts. Nach weiterem Klopfen und Klingeln öffnen die verängstigten Kinder die Tür. Ihre Eltern sind nicht zu Hause. Das dreijährige Mädchen und der vier Jahre alte Junge befinden sich in einem sehr schlechten hygienischen Zustand. Ihre Kleidung ist schmutzig und beide Kinder weisen Hämotome an Armen und am Rücken auf. Woher diese stammen, muss später ermittelt werden. Zunächst geht es um das Wohl der verstörten Geschwister.

Die Wohnung wird in Augenschein genommen. Das Zuhause befindet sich in einem katastrophalen Zustand. Im Kinderzimmer gibt es ein Doppelstockbett, kaum Spielzeug, dafür jedoch großflächig abgerissene Tapeten. „Wenn die Kinder nichts zu spielen haben, beschäftigen sie sich aus der Not heraus mit den Papierschnipseln aus Rauhfaser“, sagt Doreen Graack. Beim Gang durch die weiteren Räume bestätigt sich der Verdacht der allgemeinen Verwahrlosung und Kindeswohlgefährdung. Dieser Fall ist nur einer von vielen in Schwerin. Fast täglich gehen teils dramatische Meldungen zu Kindeswohlgefährdungen ein. Kommt es tatsächlich zum Schutz der Kinder, wie in diesem Fall, zu einer Inobhutnahme, finden diese in den Räumen des Kinder- und Jugendnotdienstes Platz, sozialpädagogische Betreuung und Sicherheit.“

Seit 2005 kümmert sich das hochprofessionelle Team des AWO-Dienstes um solche oder ähnliche Fälle. 24 Stunden, sieben Tage die Woche ist der Notdienst erreichbar, ähnlich wie Polizei oder Feuerwehr. Die vorgefundene Situation fachkompetent einzuschätzen und dementsprechend zu reagieren ist dabei die Maxime. „Der kleinste Fehler in der Beurteilung der gemeldeten Notfälle kann tödlich sein“, sagt Doreen Graack. Inzwischen sind die Geschwister wieder bei ihren Eltern und werden durch eine Familienhilfe intensiv betreut.

maxpress/sho