Altes Klärwerk ist jetzt Speicher

Moderne Anlagen sichern den Reinigungsgrad und sorgen für top Gewässerqualität

Ende des 19. Jahrhundert begann die geordnete Abwasserentsorgung in Schwerin. Schon damals übernahm die Stadt Verantwortung für diese wichtige Aufgabe. Bis heute wuchs das Kanalnetz auf stattliche 750 Kilometer an.
Becken des alten Klärwerkes Bornhövedstraße dienen heute als Speicher, Foto: maxpress/Barbara Arndt

Schwerin • Ende des 19. Jahrhundert begann die geordnete Abwasserentsorgung in Schwerin. Schon damals übernahm die Stadt Verantwortung für diese wichtige Aufgabe. Bis heute wuchs das Kanalnetz auf stattliche 750 Kilometer an. Umfangreiche Investitionen in zeitgemäße Technik erhöhen den Reinigungsrad und tragen in hohem Maße zum Schutz der Umwelt bei.

Der nachgewiesene Zusammenhang zwischen unzureichender Abwasserentsorgung und Erkrankungen wie Cholera und Diphterie führte im Jahr 1884 dazu, ein Gutachten über die hygienischen Verhältnisse in Schwerin in Auftrag zu geben. Nur ein Jahr später erhielt Stadtbaumeister Stübben aus Köln den Auftrag, einen Entwurf für die Kanalisation zu fertigen. Der Magistrat bestätigte die Bauausführung. Bis 1892 entstanden 30.500 Meter Sielrohr und 4.300 Meter gemauerte Kanäle. Diese erste Kanalisation in Schwerin leitete zunächst nur Wasch- und Regenwasser ab. „Die eigentlichen Fäkalien mussten in sogenannten Fäkalientönnchen aufgefangen und mit Fuhrwerken abtransportiert werden. Die legendäre Tönnchen-Abfuhr währte noch bis in die 1950er-Jahre und ist ein bisschen vergleichbar mit der Entsorgung abflussloser Gruben in den Kleingärten heute“, sagt WAG-Gruppenleiterin Britta Dumke. Bemerkenswert: Schon damals regelte eine Anordnung Dichtheit und Abtransport.

Gefälle bestimmt den Leitungsverlauf

Die ersten Rohre führten vom Marienplatz über die Helenenstraße und die heutige Mecklenburgstraße in Richtung Schelfstadt. „Von dort ging es weiter bis zum Hinterhof – der heutigen Bornhövedstraße als tiefstem Punkt der Stadt. Hier entstand 1908 die erste Kläranlage.“ Im gleichen Jahr konnten die ersten Haushalte die Fäkalien direkt einleiten. Bis Anfang der 1990er-Jahre gelangten jährlich bis zu 9,5 Millionen Kubikmeter mechanisch gereinigtes Abwasser direkt in den Schweriner See. „Der deutlich steigende Abwasseranfall zu DDR-Zeiten machte den Bau einer zweiten Kläranlage in Schwerin-Süd nötig. Den Spitzenwert registrierten wir 1988 mit 16 Millionen Kubikmetern“, weiß Britta Dumke. Bis Mitte der 90er-Jahre gab es neben der Einleitung in den Schweriner See noch eine ganzjährige Verrieselung geklärter Abwässer. Die Ableitung zur Sude verhindert dies seit 1995. Mit Inbetriebnahme der biologischen Reinigungsstufe in Schwerin-Süd erfolgte die Stilllegung der Kläranlage in der Bornhövedstraße. Heute werden die 3.000 Kubikmeter großen Becken als Speicher für Mischwasser bei Starkregenereignissen genutzt. Den Transport zur neuen Kläranlage – 1974 in Schwerin-Süd fertiggestellt – unterstützen mittlerweile rund 400 Pumpwerke. Sie überbrücken Höhenunterschiede im Leitungsverlauf, wo kein freies Gefälle vorhanden ist. 750 Kilometer lang ist das gesamte Entsorgungsnetz heute. Das erste Pumpwerk entstand übrigens 1927 am Franzosenweg und ist immer noch in Betrieb. In den 30er-Jahren erfolgte die Einbindung der sogenannten Mustersiedlung, heute gehört unter anderem die Robert-Blum-Straße dazu, in die Kanalisation. Diese wie auch andere spätere Anschlüsse in der Weststadt, Lankow oder Neumühle basierten bereits auf einem Trennsystem, um Regenwasser dort zu belassen, wo es anfällt.

Sogar gelöste Stoffe werden eliminiert

Die Stadtwerke übernahmen die Abwasserentsorgung im Jahr 1945. Später ging diese Aufgabe an den VEB (K) Wasserwirtschaft (1952) und VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung (1964). „Im Laufe der Jahrzehnte erfolgte eine gewaltige technische Entwicklung. War die erste Reinigungsstufe noch rein mechanisch, so können wir inzwischen in der biologischen Reinigungsstufe gelöste Stoffe und in der weitergehenden Reinigung auch Nährstoffe wie Phosphor und Stickstoff abbauen“, erklärt die Gruppenleiterin. Seit 2002 ist die WAG, ein Tochterunternehmen der Stadtwerke Schwerin und der EURAWASSER, als Betriebsführer für die Schweriner Abwasserentsorgung (SAE) verantwortlich. Rund 90 Mitarbeiter, von denen viele seit ihrer Ausbildung dem Unternehmen zur Seite stehen, begleiten den technischen Fortschritt in der Abwassertechnik gern. „Die deutliche Verbesserung der Gewässerqualität ist Ergebnis unseres Engagements für den Umweltschutz“, so SAE-Werkleiter Lutz Nieke.

Barbara Arndt