Kommen Sie zu uns nach Schwerin

Kommentar aus der hauspost-Redaktion

Liebe Leserinnen und Leser, mein Leben besteht aus verschiedenen Phasen – jede spielte bisher in einer anderen Stadt. Also umziehen, neu anfangen, neue Freundschaften schließen, aber auch Abschied nehmen und ins Ungewisse gehen – darin kenne ich mich aus.
Catharina Scheer

Liebe Leserinnen und Leser,

mein Leben besteht aus verschiedenen Phasen – jede spielte bisher in einer anderen Stadt. Also umziehen, neu anfangen, neue Freundschaften schließen, aber auch Abschied nehmen und ins Ungewisse gehen – darin kenne ich mich aus. Vor 14 Jahren kam das erste Jobangebot aus der Landeshauptstadt: „Kommen Sie zu uns nach Schwerin.“ Damals lebte ich noch in Berlin. Gesagt, getan – schnell mietete ich eine Wohnung, die ich nicht einmal angesehen hatte. Sie war klein und hübsch möbliert, ganz in der Nähe des Arbeitsplatzes. Vom Balkon hatte ich einen einmaligen Blick auf das Schloss und den Schweriner See. „Glückskind“, sagte eine Freundin, die mir damals beim Umzug half. Ich kaufte mir ein Fahrrad und genoss die Strecke zur Arbeit im Frühling. Morgens am Franzosenweg die Sonne aufgehen sehen – kann es einen besseren Start in den Tag geben? Die meiste Zeit verbrachte ich im Büro. Viele meiner Kollegen kamen nicht von hier. Manchmal erkundeten wir gemeinsam die neue Stadt. Dann kam der Herbst und das Leben spielte sich wieder drinnen ab. Stille kannte ich nicht aus meinem Berliner Leben. Plötzlich sehnte ich mich dorthin zurück. Ich vermisste den Lärm, die sechsspurigen Straßen, die U-Bahn und den speziellen Berlin-Duft, die Mischung aus Frittenfett und Abgasen. 14 Jahre sind inzwischen vergangen und ich bin immer noch hier. An die Stille habe ich mich gewöhnt, ich liebe sie inzwischen sogar. „Schwerin ist eine Stadt, die Urbanität vortäuscht“, sagte mal ein Freund. Wenn Urbanität bedeutet, gehetzt durch die Stadt von Termin zu Termin zu fahren, im Stau zu stehen und ungeduldige und aggressive Mitmenschen zu ertragen, dann verzichte ich auf Urbanität und bleibe. Denn in Schwerin gibt es alles außer Stress.

Ihre Catharina Scheer