An der Schleifmühle wächst Wein
Stadtgeschichts- und Museumsverein führt im ehemaligen Küchengarten Herzogin Luises Erbe fort
Schwerin • Ob aus Langeweile oder Heimweh, ist nicht überliefert: Herzogin Luise, Frau von Herzog Friedrich, berief 1756 Weingärtner Heinrich Klett aus ihrer Heimat Baden-Württemberg, um Wein im Oberen Küchengarten anzubauen. Heute gedeihen dort, am südlichen Rand des Schlossgartens, wieder Reben. Der Stadtgeschichts- und Museumsverein lässt dieses Stück herzogliche Historie aufleben und unterstützt die Stadt mit diesem Projekt auf dem Weg zum Weltkulturerbe.
Die Zeichen, dass der Wein auch heute gut reift, stehen gut: Schon damals übertrafen die Reben jegliche Erwartungen, als sich schon nach zwei Jahren eine gute Ernte zeigte. 1760 lieferte Heinrich Klett dem herzoglichen Keller gar 3.000 Liter Wein. Dennoch blieb die Traubenveredelung nur ein kurzes Gastspiel und ging zu Ende, als der Küchengarten ab 1876 nicht mehr genutzt wurde.
2018 griff der Schweriner Stadtgeschichts- und Museumsverein Luises Initiative wieder auf. „Die Idee reifte, als wir im Gremium zur Aufnahme Schwerins ins UNESCO-Weltkulturerbe überlegt haben, mit welchen Themen wir besonders punkten können“, so der Vorsitzende Waldemar Leide. Sein Mitstreiter Hans Kovacs, den es der Liebe wegen 1968 aus seiner Heimat Rumänien nach Schwerin verschlagen hatte, betreut die Weinstöcke mit sechs Sorten roter und weißer Trauben – eine Rolle, die ihm auf den Leib geschneidert ist: „Ich bin Kleingärtner und beschäftige mich auch in meinem eigenen Garten mit Wein. In einer griechischen Taverne saß ich mal unter einem so schönen dichten Dach aus Weinblättern, dass es um mich geschehen war“, sagte der 79-Jährige lächelnd.„Begonnen haben wir im Mai 2018 mit drei Reben.
Dafür reiste extra die Pfälzische Weinprinzessin Diana an“, sagt Waldemar Leide nicht ganz ohne Stolz. Mittlerweile wachsen schon 36 Reben unterhalb der terrassenförmigen Anlagen am Schleifmühlenweg. Und es sollen noch mehr werden. „So Bacchus und die Staatlichen Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern wollen, möchten wir unsere Fläche auf etwa 70 Weinstöcke vergrößern“, ergänzt der 73-jährige Vereins- chef. Ergiebiger von Jahr zu Jahr wird auch die Ausbeute. Während 2020 die erste Lese mit 20 Kilogramm eher klein ausfiel, erwarten die beiden rüstigen Rentner in diesem Herbst mindestens doppelt so viele der kleinen runden Geschmacksbomben. „Letztes Jahr haben wir die Früchte an die Kindergärten verschenkt.
40 Kilogramm geben nun schon etwas mehr her“, kündigt Waldemar Leide an. Ein Hobby-Winzer aus dem Bekanntenkreis besitzt eine Weinpresse. „Wir sind schon gespannt, was dabei herauskommt.“ Bis dahin ziehen die prall gefüllten Rebstöcke noch den ein oder anderen neugierigen Blick auf sich. „Genau wie auf der Krösnitz. Wir sind in regem Austausch mit Axel Kämmerer“, fügt Waldemar Leide hinzu.
maxpress/Meike Sump