Michael Gartenschläger vor 45 Jahren durch Stasi-Kommando erschossen
Stilles Gedenken von Landesbeauftragter auf dem Schweriner Waldfriedhof
Schwerin • Vor 45 Jahren, in der Nacht zum 1. Mai 1976, wurde Michael Gartenschläger von einem Stasi-Spezialkommando in der Nähe von Büchen an der DDR-Staatsgrenze erschossen. Seine sterblichen Überreste wurden unter äußerster Geheimhaltung in Schwerin als „unbekannte Wasserleiche“ eingeäschert und namenlos auf dem Schweriner Waldfriedhof beigesetzt.
An seinem nach 1990 eingerichteten Ehrengrab legten am 30. April 2021 die Landesbeauftragte für MV für die Aufarbeitung der SED-Diktatur Anne Drescher und Vertreter der Gesellschaft für Regional- und Zeitgeschichte Blumengebinde nieder. „Michael Gartenschläger gehört in die Reihe derjenigen, die sich mit ihrem unbändigen Freiheitswillen und im Wissen um die Gefahr gegen das Unrecht und die Unmenschlichkeit der DDR-Staatsgrenze gestellt haben und dafür letztlich mit ihrem Leben bezahlen mussten“, sagte die Landesbeauftragte Anne Drescher.
Bereits als 17-Jähriger war Michael Gartenschläger mit dem System in Konflikt geraten und wurde 1961 in einem Schauprozess zu einer lebenslänglichen Zuchthausstrafe verurteilt. Nach zehn Jahren Haft wurde er 1971 vom Westen freigekauft. Mit dem Abbau von Selbstschussanlagen hatte Michael Gartenschläger das SED-Regime zutiefst blamiert. Er hatte den Beweis erbracht, dass diese Tötungsautomaten von der DDR menschenrechtswidrig – obwohl stets geleugnet – zur Grenzsicherung eingesetzt wurden.
Der Abbau weiterer Exemplare sollte verhindert werden. Dazu sah der Maßnahmeplan der Berliner Stasi-Hauptabteilung I vom April 1976 für die Einsatzkompanie vor, den Täter „festzunehmen bzw. zu vernichten“. Neun der über 80 auf ihn abgefeuerten Schüsse trafen Michael Gartenschläger und verletzten ihn tödlich. Drei beteiligte Schützen mussten sich 1999 bis 2000 vor dem Landgericht Schwerin wegen des Vorwurfs des versuchten Mordes verantworten. Weil nicht widerlegt werden konnte, dass die Stasi-Einsatzkräfte in einem Schusswechsel mit Gartenschläger in Notwehr gehandelt hätten, wurden sie freigesprochen.
Von 1971 an bis zum Abbau 1984 waren an der Westgrenze der DDR auf 447 Kilometern insgesamt etwa 60.000 Splitterminen SM-70 installiert worden. Eine ausgelöste Splittermine verschoss etwa 100 scharfkantige Stahlsplitter und sollte Flüchtige tödlich oder schwer verletzen und damit den Grenzübertritt verhindern.
LAMV/Anne Drescher