Ein Blind Date zu Ostern in der Tagespflege

Tagesgast Doris Martens erzählt aus Sicht einer erblindeten Person von ihrer Bastelleidenschaft

Seit dem Tod ihres Mannes kommt Doris Martens zwei Mal pro Woche in die Tagespflege „Wittrock-Haus“ des Augustenstift zu Schwerin. Eine ihrer Leidenschaften ist dort das Basteln. Das funktioniert auch blind gut.
Die Woll-Küken zur Osterzeit sind neu für Doris Martens und sie muss sich beim Basteln stark konzentrieren, Foto: Augustenstift

Schwerin • Seit dem Tod ihres Mannes kommt Doris Martens zwei Mal pro Woche in die Tagespflege „Wittrock-Haus“ des Augustenstift zu Schwerin. Eine ihrer Leidenschaften ist dort das Basteln. Das funktioniert auch blind gut. Zur Osterzeit kreiert die 94-Jährige aktuell vor allem Woll-Küken.

Ihr Kopf und ihre Hände funktionieren noch wie am Schnürchen. Nur ihre Augen wollen nicht mehr so wie früher. Bis vor ein paar Jahren konnte Doris Martens noch sehen. Dann ist sie von einem auf den anderen Tag plötzlich erblindet. „Abends habe ich noch gelesen und morgens war ich blind. Da war alles schwarz. Grund dafür waren sehr starke Blutungen hinter den Augen“, erinnert sich die 94-Jährige. Jetzt nimmt sie die Welt aus einer anderen Sicht wahr.

„Seitdem ich nicht mehr sehen kann, habe ich sehr stark aufs Gefühl umgestellt.“ Und das gilt auch beim Basteln in der Tagespflege. Angeleitet wird Doris Martens dabei von Betreuungsassistentin Silke Hufenbach, die sehr individuell auf sie eingeht. „Sie ist ein Genie darin“, schwärmt Doris Martens. „Sie kann alles so gut erklären, dass ich das dann auch wirklich so mache. Das wären ganz hervorragende Dinge, wenn ich sie sehen könnte.“ Seien es Woll-Küken zu Ostern oder Socken und Schals zu Weihnachten. „Das fühlt sich ganz wunderbar an“, sagt Doris Martens. „Ich mache das gerne und stelle mich dann darauf ein. Ich muss ja sehr aufpassen, wie ich die Wolle über die Ringe drüber bekomme, dass später solche Figuren entstehen. Ich kann mir vorstellen, wie die Figuren aussehen. Man muss mir allerdings sagen, welche Farbe sie haben. Das weiß ich natürlich nicht.“

Die Woll-Küken zur Osterzeit sind neu für Doris Martens und sie muss sich beim Basteln stark konzentrieren. Doch schon immer haben ihr handwerkliche Dinge Spaß gemacht. Früher gehörten noch Zeichnen und Stricken dazu – alles, wofür sie in der Nachkriegszeit die Materialien bekam. Hauptberuflich war Doris Martens wiederum Lehrerin und überrascht mit vielfältigen Interessen bis in ihr hohes Alter. Dazu gehören auch Spaziergänge, Sport und Spiele. „Montags spielen wir hier Bingo. Und weil ich nichts sehen kann, kann ich ja nicht aufschreiben. Ich bin dann stattdessen dafür verantwortlich, die Karten aus dem Glas zu holen“, erzählt Doris Mertens und lacht herzlich. Ihre Lebensfreude ist wirklich ansteckend.

Sophia Vortmann