Geschäfte zu und durch die Krise

Durch den langen Lockdown suchen viele Einzelhändler nach Ideen zum Überleben

Es ist früher Nachmittag in der Fußgängerzone in Schwerin. Hier, wo sonst Familien mit ihren Kindern unterwegs sind oder Touristen in den Cafés sitzen, herrscht gähnende Leere. Der Lockdown 2021 hat die Innenstadt fast vollständig lahmgelegt
Die Händler und Gastronomen hoffen auf eine baldige Öffnung ihrer Geschäfte, Foto: maxpress

Altstadt • Es ist früher Nachmittag in der Fußgängerzone in Schwerin. Hier, wo sonst Familien mit ihren Kindern unterwegs sind oder Touristen in den Cafés sitzen, herrscht gähnende Leere. Der Lockdown 2021 hat die Innenstadt fast vollständig lahmgelegt. Lebensmittelgeschäfte, Apotheken oder Schnellreinigungen sind noch geöffnet. Schuhläden, Sportgeschäfte und die Boutiquen bleiben im Lockdown dicht. Händler bleiben auf ihren Waren und ihren Kosten sitzen.

Der Schaden geht in die Tausende. Die Folge: Mehr als 60 Prozent der Händler sehen sich in ihrer Existenz bedroht, heißt es vom Handelsverband Nord. Vom Land wurde ein 5 Millionen Euro Hilfspaket aufgelegt, das betroffene Einzelhändler mit 5.000 Euro bei der Einrichtung von Online-Shops unterstützen soll. Das ist eine gut gedachte Idee. Auch die Überbrückungsgelder des Bundes helfen – früher oder später. Wichtiger für die Schweriner Händler und Gastronomen wäre allerdings die Aussicht, bald wieder öffnen zu können.

Bis dahin heißt es für die Branche: Weitermachen, die Hoffnung nicht aufgeben und neue Ideen entwickeln, um die Kunden zu erreichen. Welche guten Beispiele es dafür gibt, lesen sie hier.

Luise Gronostay, Kreativkaufhaus Schwerin
„Unser Weg durch den Lockdown ist digital. Durch die Schließung des Geschäftes haben wir unsere Produkte verstärkt auf unseren Social-Media-Kanälen angeboten. Wir haben uns an die alte Teleshopping- Idee erinnert und zeigen wöchentlich Verkaufsstorys von den Dingen, die wir hier im Kaufhaus anbieten oder die Themen, die wir verstärkt im Sortiment haben. Das funktioniert erstaunlich gut. Im Moment stehen unsere Kunden auf Makramee-Produkte. Wir erklären in Videos diese Knüpftechnik und verkaufen Dinge, die daraus gefertigt werden. Der Renner sind personalisierte Makramee-Schnullerketten.”

Thomas Niendorf, Altstadtbrauhaus „Zum Stadtkrug“
„Wir haben nach dem Lockdown ein ,Abholerando‘ für unsere Gäste ins Leben gerufen. Unter www.essenholer.de können aus einer speziell entwickelten kleinen Karte Brauhaus-Klassiker zum Selbstabholen bestellt werden. So genießen die Schweriner weiterhin frische Mahlzeiten in bekannter Stadtkrug-Qualität. Auch für den Mittagstisch haben wir Gerichte parat – für das Büro oder Homeoffice. Damit halten wir unsere Mitarbeiter im Geschäft und können die Wartezeit auf ein echtes Brauhaus-Erlebnis für unsere Fans überbrücken. Denn das wird es irgendwann auf jeden Fall wieder geben.”

Carl Kressmann Modehaus Kressmann
„Städte sind Orte des Austauschs und der Begegnung von Menschen, des Austauschs von Waren und von Gedanken. Städte sind Orte der Vielfalt und der Entwicklung. Menschen definieren ihre Heimat über Orte, mit denen sie emotional etwas verbinden. Fehlt das, fehlt das Gefühl von Zuhause-sein. Der erste Schulweg, der erste Einkauf, die Lieblingskneipe: All das lässt sich im Internet nicht erleben und macht unsere Städte wertvoll und schützenswert. Hoffen wir, dass nach den vielen Entbehrungen der letzten Monate bei allen Verantwortlichen das Bewusstsein dafür wächst und alles dafür getan wird, dass unsere Städte weiter die Bezeichnung Heimatstadt verdienen.”

Matthias Kunze, Pianohaus Kunze
„Klavierkauf ist eine sehr emotionale Geschichte. Das kannst du nicht online abwickeln. Die Vermietung von Flügeln für Veranstaltungen und der Verkauf im Ladengeschäft Puschkinstraße ruhen durch den Lockdown. Dafür laufen die Werkstatt und der Service. Was wir im Moment häufig tun, ist die Umrüstung akustischer Klaviere auf Kopfhörerbetrieb – oft gefragt von Eltern, die im Homeoffice arbeiten möchten, während ihre Kinder Klavier üben. Für das Ende des Lockdowns wünsche ich mir gemeinsame kreative Aktionen aller Innenstadthändler an zusätzlichen Verkaufstagen und mit flexibleren Öffnungszeiten.”

Klaus-Peter Regler, Manager Schlossparkcenter
„Viele unserer Mieter aus dem Center machen das Beste aus der schwierigen Situation. Fast alle Gastronomen haben geöffnet und bieten Speisen zum Mitnehmen an. Geschäfte wie Intersport, MediaMarkt und Thalia verkaufen ihre Waren über den ,Click & Collect‘- Service. Ergänzt wird der digitale Handel durch unsere ,Digital Mall‘, wo über die Centerwebseite viele Produkte von 15 Shops aus dem Haus online bestellt und vor Ort abgeholt werden können. Nach dem Lockdown muss es uns mit tollen Aktionen und verkaufsoffenen Sonntagen gelingen, die Innenstadt wieder zu beleben.”

Bianca Meyer, Werk.Stadt.Laden
„Wir räumen im Werk.Stadt.Laden. gerade die Frühlings- und Osterartikel ein, dabei kommt trotz Corona Frühlingsstimmung auf. Viele Kunden schauen neugierig durch unsere großen Schaufenster, was es Neues gibt. Ich mache nachher auch gleich noch Fotos für Social Media. Aber natürlich ist gerade die persönliche Beratung zu den Produkten aus unseren Dreescher Werkstätten hier das Besondere. Trotzdem haben wir zahlreiche Bestellungen per Telefon oder E-Mail, besonders von den Lieblingsseifen, die dann verschickt oder abgeholt werden. Jetzt im Lockdown liefern wir auch kostenlos innerhalb Schwerins.”

Lokal kaufen

Altstadt • Es gibt Leben in Schwerins Innenstadt. Viele Geschäfte haben geschlossen, bieten jedoch Beratung oder Online- Services an, auch wenn die Stadt, wie auf dem Foto oben, leergefegt aussieht.

Damit die Kunden erfahren, wo sie Händler durch ihren Kauf am Leben erhalten können, gibt es das Portal Lokalkauf auf www.schwerin.de. Hier sind Geschäfte, Restaurants, Cafés und Dienstleister mit ihren Leistungen und Services gelistet. „Mit jedem einzelnen Kauf sichern die Schweriner Kunden die Existenz von Einzelhändlern und Gastronomen”, appelliert Wirtschaftsdezernent Bernd Nottebaum an die Bewohner der Landeshauptstadt.