Ein Vorzeigeprojekt in MV

Injektionsbohrung treibt Geothermienutzung in der Landeshauptstadt weiter voran

Dr. Josef Wolf, Geschäftsführer der Stadtwerke Schwerin GmbH (3.v.r.), bei der Baustellenbegehung im November
Dr. Josef Wolf, Geschäftsführer der Stadtwerke Schwerin GmbH (3.v.r.), bei der Baustellenbegehung im November, Fotos: maxpress

Schwerin • Wer durch Lankow fährt, hat es ganz sicher schon gesehen, das Bohrfeld im Bereich des Sportparks. Unter dem Gelände befindet sich in fast 1.300 Metern Tiefe eine erneuerbare Energiequelle, die nach der vollständigen Erschließung für ökologische Fernwärme sorgen wird.

Die Landeshauptstadt hat ein ehrgeiziges Ziel – sie will bis zum Jahr 2035 CO2-neutral werden. Die Nutzung der Erdwärme ist für die Stadtwerke Schwerin deshalb ein Beitrag zur nachhaltigen und klimafreundlichen Energiegewinnung.
Um die geothermische Nutzung weiter voranzutreiben, ist eine zweite, sogenannte Injektionsbohrung geplant, die bis in eine Tiefe von 1.300 Meter vordringen soll.
Während der europaweiten Ausschreibung für den Bohrplatzbau sind die Geothermie-Experten der Stadtwerke Schwerin dabei, an der Oberfläche weitere Vorbereitungen für die spätere Nutzung der Erdwärme zu treffen. „Derzeit sind wir mit den Vorplanungen für den Thermalwasserkreislauf und seine Komponenten beschäftigt”, sagt ­Benjamin Kielgas, Betriebsmeister Geothermie der Stadtwerke Schwerin. „In den vergangenen Wochen haben wir uns sehr intensiv mit den Wärmepumpen und deren Wirtschaftlichkeit beschäftigt, daraus hat sich eine Variante klar favorisiert, für die wir uns entschieden haben”, berichtet der Fachmann weiter.Wärmepumpen sind Maschinen, die nach dem Prinzip eines Kühlschrankes – nur umgekehrt – aus niedrigen Temperaturen, höhere erzeugen.
Diese Technologie wird auch bei der Nutzung der Erdwärme in großem Stil angewendet. Für die Thermaltechnik haben die Stadtwerke mit GTN Neubrandenburg ein Planungsbüro mit jahrzehntelanger Erfahrung auf dem Gebiet der Geothermie gebunden. „Die durchweg guten Erfahrungen mit den ausführenden Firmen bei der Förderbohrung geben uns auch für die Injektionsbohrung ein sicheres Gefühl für den gesamten Ablauf“, erklärt Dr. Josef Wolf, Geschäftsführer der Stadtwerke Schwerin.
Bereits während der Durchführung der Injektionsbohrung beginnen die konkreten Planungen für die künftige Anlage am HKW Lankow. In enger Zusammenarbeit mit den insgesamt drei Planungsbüros haben die Geothermie-Experten der Stadtwerke die Maschinenhalle konzipiert, den Platzbedarf für Filteranlagen, Rohrleitungen und Wärmetauschern ermittelt und an die Planer übergeben. Inzwischen sind auch die Aufträge für die zweite Bohrung vergeben. Die Bohrung selbst übernimmt – wie schon beim ersten Mal – der Bohr- und Geothermiespezialist Daldrup & Söhne AG. Während der Tiefenbohrung kommt es auch darauf an, das Umfeld der Bohrung zu überwachen. Dazu wurden an beiden Standorten Grundwassermessstellen errichtet, um sicherzustellen, dass die Förder- und die Injektionsbohrungen keinen Einfluss auf das Grundwasser haben. Gegenwärtig liegen sämtliche Genehmigungen für die Bohrung bei den beauftragten Planungsbüros vor. Diese kümmern sich um das Errichten der Anlagen an der Oberfläche und die Soleleitung unter der Erde.
Wenn die Anlage fertiggestellt ist und in Betrieb geht, lässt die geothermische Energie den Anteil der erneuerbaren Energien der Stadtwerke auf 15 Prozent steigen. Das bedeutet auch, dass pro Jahr bis zu 7.500 Tonnen beziehungsweise pro Megawattstunde circa 200 Kilogramm CO2-­Emissionen weniger anfallen werden. Sofern alle ­geplanten Arbeiten weiter so gut vorangehen, kann das Projekt in circa einem Jahr beendet und die Landeshauptstadt anteilig mit nachhaltiger Erdwärme versorgt werden.

maxpress/sho


BU2+3: Blick auf einen Teil des Bohrgerätes
BU4: Modell der Bohranlage

Grüne Fernwärme in Schwerin

Die in etwa 1.300 Meter Tiefe geförderte Thermalsole gelangt mit einer ­Temperatur von circa 56 Grad Celsius an die Erdoberfläche. Dort wird ihr in der Geothermiezentrale die thermische Energie entnommen und dem Wasser im Fernwärmekreislauf zugeführt. Mittels Wärmepumpen wird dieses dann auf 70 bis 80 Grad erhitzt, um es in die Wärmeerzeugung für die Landeshauptstadt einzuspeisen und die Abnehmer mit wohliger Wärme zu versorgen.
Die auf circa 17 Grad abgekühlte Sole wird derweil über die Injektionsbohrung zurück ins Erdreich verpresst. Das Aquifer, aus dem die Stadtwerke die Sole entnehmen, ist mit 45 statt 30 Meter Stärke deutlich größer und mit 56 Grad auch spürbar wärmer als die erwarteten 50 Grad. Das erlaubt eine größere Ausbeute, also mehr als 150 Kubikmeter heißes Wasser pro Stunde. Diese Parameter wirken sich positiv auf die Fernwärmeerzeugung und die Verbesserung der CO2-Bilanz aus. 

Stadtwerke/ubf