Geteilte Stadt?

Dreesch feiert 50-jähriges Jubiläum

Eine Lösung soll her: Von der geteilten Stadt zur gemeinsamen Stadt – daran arbeiten die Stadtplaner
Eine Lösung soll her: Von der geteilten Stadt zur gemeinsamen Stadt – daran arbeiten die Stadtplaner, Fotos: maxpress

Dreesch • Das DDR-Vorzeigeprojekt im Wohnungsbau war in den 70er-Jahren beliebt. Dort wollten die Schweriner leben – in warmen, trockenen und sicheren Wohnungen. Doch mit der politischen Wende veränderten sich auch die Wohnbedürfnisse.

Der große Dreesch war das Sinnbild einer modernen Stadt mit günstigen Verkehrsanbindungen, Gaststätten, Ateliers, Friseuren und dem Fernsehturm mit bester Aussicht über den Schweriner See und auf die Altstadt. Hier spielten die Handballer erfolgreiche Liga-Spiele in der RGW-Halle gegenüber dem monumentalen Lenin-Denkmal. Auf dem Berliner Platz herrschte buntes Treiben. Schulen, Ärzte und Jugendclubs waren vor der Haustür. Doch heute sieht das anders aus. Rund ein Viertel aller Schweriner wohnen zwar in den Stadtteilen Großer Dreesch, Neu Zippendorf und Mueßer Holz, doch die „Flucht“ in die sanierten Altstadtwohnungen und Eigenheimgebiete nach der Wende hinterließ Spuren. Dabei ist das Wohnen in diesen Stadtteilen günstig. Deshalb zieht es nachweislich viel mehr junge Menschen ins Mueßer Holz als in die anderen Stadtteile. Insgesamt hat Schwerin ein Durchschnittsalter von knapp 47 Jahren, im Mueßer Holz nur 38. Hier rücken die Menschen auch enger zusammen: 29 Quadratmeter Wohnfläche pro Person haben die Statistiker ausgerechnet. „Für viele junge Familien bietet der Dreesch einen günstigen Start ins Leben“, sagt Sandra Tondl, die über Jahre im Büro Soziale Stadt arbeitete.
Heute fahren viele Dreescher oft zum Schlosspark-Center in das Stadtzentrum, gehen in die Kinos, Restaurants, zum Handball oder Volleyball in der Feld- und Weststadt oder machen Erledigungen auf dem Margaretenhof in Lankow. Doch die Altstädter, Lankower, West- oder Paulsstädter finden kaum den Weg in die Dreescher Stadtteile. Wie eine Grenze wirkt die 1972 eingeweihte Brückenkreuzung vor dem SVZ-Gebäude. Das haben auch die Soziologen der Stadt längst erkannt. Den Dreescher Stadtteilen fehlen die Anziehungspunkte. Magnete wie der Fernsehturm sind geschlossen, Diskotheken zu. In der Veranstaltungshalle an der Hamburger Allee versucht ein Feuerwehrverein verzweifelt das Dach der Halle dicht zu halten. In den vergangenen 30 Jahren wurden auf dem Dreesch Wohnhäuser abgerissen, Innenhöfe neugestaltet, Wohnungen modernisiert und infrastrukturelle Korrekturen vorgenommen. Ein enormer Umbruch fand statt. Auch neue Schulen und Kitas sind entstanden. Mit dem Campus am Turm hat die Volkshochschule einen zusätzlichen Standort und ein Bürgercenter wurde eröffnet. Familiencafés, Fahrradwerkstätten oder Open Air-Veranstaltungen wie in der Keplerstraße begeistern die Anwohner. Die WGS plant mit der Stadt einen visionären Umbau des Berliner Platzes. Gespräche mit weiteren Investoren laufen. Es tut sich viel Gutes.
Zum 50. Jubiläum lädt der Dreesch zu Veranstaltungen und Ausstellungen ein – zum Entdecken und Zusammenwachsen. 


• 11. Nov. 1971 – Grundsteinlegung und Montagebeginn für den ersten Bauabschnitt des Neubaugebiets Großer Dreesch
• Feb. 1972 – Einzug der ersten Mieter
• Apr. 1975 – Übergabe der 5.000. Wohnung
• Feb. 1976 – Grundsteinlegung am Grünen Tal für den Dreesch II (Neu Zippendorf)
• 1977 – Bau der RGW-Halle am Fernsehturm als Sporthalle
• Mai 1978 – Grundsteinlegung für den Dreesch III (Mueßer Holz)
• Okt. 1979 – Fertigstellung der 10.000. Wohnung
• Dez. 1982 – Halle am Fernsehturm wird Multifunktionshalle für Kultur und Freizeit
• Okt. 1984 – Übergabe der 17.000. Wohnung
• 1. Mai 1987 – Einweihung des Berliner Platzes
• Nov. 1996 – Einweihung des Stadtteilzentrums Dreescher Markt
• Feb. 1997 – Fertigstellung der Keplerpassage
• 1999 – Mit dem Abriss mehrerer Hochhäuser beginnt der Stadtumbau
• Jul. 2001 – Fertigstellung des neuen Brunnens auf dem Berliner Platz als erstes Projekt der Wohnumfeldverbesserung
• März 2009 – Einweihung des Stadtteiltreffs „Eiskristall” des Vereins „Die Platte lebt”
• Apr. 2009 – Das Feuerwehrmuseum zieht in die Halle am Fernsehturm ein
• Jan. 2015 – Einweihung des Schwimmhallenneubaus
• Aug. 2016 – Einweihung des „neuen” Berliner Platzes
• Mai 2019 – Der Campus am Turm – das Bürgercenter – wird eingeweiht

Jobcenter zieht ins Mueßer Holz

Mueßer Holz • 2023 werden die Arbeitsagentur und das Jobcenter vom Margaretenhof in Mueßer Holz umziehen. Nach langem Hin und Her ist das nun beschlossene Sache. Ein privater Investor baut dort neu und vermietet die Räume. Auch die Familienkasse, das Berufsinformationszentrum und der Arbeitgeberservice Westmecklenburg ziehen ein. Sozialdezernent Andreas Ruhl sieht in der Entscheidung auch einen wichtigen sozialen und wirtschaftlichen Impuls für den Stadtteil. Immerhin werden damit auch rund 500 Arbeitsplätze umgesiedelt.

Kein Kinderarzt vor Ort

Oberbürgermeister Rico Badenschier will jetzt Ärzte einstellen
Dreesch • In Neu Zippendorf und Mueßer Holz gibt es derzeit keinen Kinderarzt. Nach Aussagen der Stadt wird sich die medizinische Unterversorgung in den südlichen Stadtteilen sogar verschärfen, wenn nicht aktiv gegengesteuert wird. „Zum einen führt die demographische Entwicklung zu einem wachsenden Bedarf an ärztlicher Dienstleistung. Zum anderen werden Mediziner in den Ruhestand gehen, Praxisnachfolger suchen und diese nicht in jedem Fall am derzeitigen Standort finden“, beschreibt Oberbürgermeister Rico Badenschier das drohende Dilemma. Sein Fokus liegt auf den unterversorgten Stadtteilen Großer Dreesch, Neu Zippendorf und Mueßer Holz, wo ein Drittel aller Stadtkinder leben. Deshalb will Rico Badenschier zusätzliche Ärzte gewinnen und in einem kommunal geführten Medizinischen Versorgungszentrum vor Ort einstellen.

Historische Feuerwehrfahrzeuge

An der Hamburger Allee kommen technikbegeisterte Menschen auf ihre Kosten. In liebevoller Kleinarbeit haben Feuerwehrfreunde dort das größte Internationale Feuerwehrmuseum eingerichtet. Auf einer Fläche von 4.500 Quadratmetern sind rund 16.000 Exponate zu sehen – von alten Feuerwehrhelmen über Spritzen bis zu Spezialfahrzeugen aus verschiedenen Jahrzehnten. Weitere Infos unter: www.ifm-schwerin.com.

Einzige moderne Schwimmhalle

Die 2015 neu eröffnete und einzige Schwimmhalle in Schwerin liegt direkt gegenüber vom Dreescher Markt in der Bernhard-Schwentner-Straße 10. Sie ist mit der Straßenbahn (Linien 1, 2, 3) und mit den Bussen der Linien 6 und 9 gut erreichbar. Hinter der Halle stehen 45 kostenpflichtige Parkplätze zur Verfügung.
In der Schwimmhalle befinden sich ein Wettkampfbecken mit sechs 25-Meter-Bahnen, das überwiegend für den Schul- und Vereinssport genutzt wird und ein Mehrzweckbecken mit vier 25-Meter-Bahnen für das Bevölkerungsschwimmen. Kleinkinder können sich in einem großen Planschbecken vergnügen.

maxpress/hh