Aus Pflanzen entsteht Energie
Stadtwerker sichern nachhaltige Energieerzeugung mit erfolgreichem technischen Verfahren
Wüstmark • Eine riesige Erntemaschine zieht im Maisfeld ihre Bahnen und schneidet die Pflanzen knapp über dem Boden ab. Ein paar Meter neben der Mähmaschine strömt der geschnittene Mais über einen Ausleger auf den riesigen Hänger eines Traktors. Was hier geerntet wird, ist der Rohstoff für die Biogasanlage, in der aus den Pflanzen „grüner” Strom erzeugt wird.
Der Rohstoff wächst auf den Feldern unseres Landes sowie in Nordbrandenburg. Dementsprechend sind die Erträge von den klimatischen und Witterungsbedingungen abhängig. „In diesem Jahr hat das kalte Frühjahr und die längere Trockenheit im August für eine durchschnittliche Ernte gesorgt”, sagt Agraringenieur Steffen Schmidt, der sich um den landwirtschaftlichen Part beim Betrieb der Biogasanlage kümmert. Er hält den Kontakt zu den acht festen Vertragspartnern, die den Mais für die Biogasanlage anbauen. Sein Hauptaugenmerk im Rahmen dieser engen Zusammenarbeit mit den langjährigen Partnern richtet sich auf die Sicherung der gleichbleibenden Rohstoffqualität und dadurch hohe Energiewerte bei der Erzeugung. 40.000 Tonnen Mais, dazu 5.000 Tonnen sogenannter Roggen-GPS und bis zu 2.000 Tonnen reiner Körnermais werden im Jahr in der Anlage verarbeitet.
Damit diese Mengen kontinuierlich über das ganze Jahr zur Verfügung stehen, wird der auf den Feldern gehäckselte Mais bei den Vertragslandwirten gelagert. Dies geschieht entweder in Betonsilos oder in sogenannten Feldrandsilos, die mit Planen abgedeckt und beschwert werden. „Hier findet ein sechswöchiger Konservierungsprozess statt, der die Ware über längere Zeit haltbar macht”, erläutert Steffen Schmidt die Einlagerung des Rohstoffes. Der kann anschließend bis zur nächsten Ernte immer wieder ohne Qualitätsverluste zur Biogasanlage transportiert und dort verarbeitet werden. Bis dahin kontrolliert und berät Agraringenieur Steffen Schmidt zusammen mit den Landwirten den kompletten Wachstumsprozess der zu verarbeitenden Pflanzen. „Ab 32 Prozent Trockensubstanzgehalt lässt sich der Mais in der Biogasanlage optimal verarbeiten”, erläutert Steffen Schmidt. „Außerdem sollte der Kolbenanteil hoch sein, weil darin die meiste Stärke steckt, die wir für den Prozess in der Anlage benötigen.”
Bevor der Mais jedoch verarbeitet wird, findet eine intensive Qualitätskontrolle statt. „Dabei sehe ich, wie weit die Werte vom Soll abweichen”, so der Agrarexperte. „Mit dem Wissen über diese Daten stellen wir aus den verschiedenen Komponenten einen Mix zusammen, der in der Anlage optimal genutzt werden kann.”
„In der Biogasanlage läuft ein Prozess ab, der sich mit der Verdauung einer Kuh umschreiben lässt”, erzählt Björn Schreiber, Betriebsingenieur der Biogasanlage lachend. „Sobald das Korn aus dem Mais-Getreidegemisch in die Anlage gerät, beginnt der ,Verdauungsprozess´, die Vergärung des Gemisches. Als Ergebnis erhalten wir Biomethan, das Gas, mit dem wir später Strom und Wärme erzeugen.”
50 Tage wandert das Getreidekorn durch die Anlage, bevor es als wertvoller Reststoff und Dünger wieder auf die Felder der Vertragslandwirte gelangt. Das in der Biogasanlage erzeugte Gas wird, bevor es die zwei Blockheizkraftwerke antreibt, gereinigt und verdichtet. „In den Blockheizkraftwerken laufen modifizierte Schiffsmotoren, also Verbrennungsmotoren mit je 20 Zylindern”, erklärt Björn Schreiber. „Jeder der Motoren wiegt ungefähr 14 Tonnen und besitzt einen Turbolader, damit wir die entsprechende Leistung erreichen.
Die Maschine ist so etwas wie ein GTI, nur jeder unserer beiden Motorblöcke hat 1,8 Megawatt!” Insgesamt deckt die Biogasanlage, die rund um die Uhr läuft, mit ihrer Jahresleistung von 21,9 Gigawatt circa zehn Prozent des Strombedarfs der Landeshauptstadt ab. Zusätzlich speist die Anlage Fernwärme in das bestehende Netz ein.
Steffen Holz