Die Schwebende

Eine gläserne Utopie schafft neue Wege über den Dächern Schwerins

Manche großen Träume beginnen mit einem kleinen Anstoß. Im Fall der „Schwebenden“ entsprang die Idee zu dieser futuristischen Konstruktion aus Glas, Metall und Drehmoment einer städtischen Ausschreibung zur BUGA 2009 in Schwerin.
Technischer Entwurf der Schwebenden, Einstiegsplattform und gläsernes Fischrestaurant mit Kuppel über dem Stangengraben, Grafik: Architekturbüro Apitz

Schwerin • Manche großen Träume beginnen mit einem kleinen Anstoß. Im Fall der „Schwebenden“ entsprang die Idee zu dieser futuristischen Konstruktion aus Glas, Metall und Drehmoment einer städtischen Ausschreibung zur BUGA 2009 in Schwerin. Eine neue Brücke wurde verlangt. Doch dem Architekturbüro Apitz und dem KGW Schwerin schwebte etwas anderes vor.

Der Plan der Stadt war klar: Die Bundesgartenschau sollte nicht nur die Schweriner begeistern, sondern auch ein wahrer Besuchermagnet werden, um zu zeigen, wie lebenswert die Landeshauptstadt ist. Dazu war neben der Umgestaltung der Schlossgärten auch ein langläufiger Promenadenweg geplant, der sich am Schloss vorbei, rund um die Altstadt, an den Schweriner Seen entlangziehen sollte. Alles war darauf ausgelegt, zu Fuß oder mit dem Rad zu erkundet zu werden und einen offenen Blick auf die schönen Schweriner Wasserflächen zu eröffnen. Um die Rundtour komplett zu machen, sollte eine Brücke die Überquerung des Stangengrabens ermöglichen.

Es kam zu einer öffentlichen Ausschreibung, bei der sich auch das Ingenieurbüro Apitz beteiligen wollte. Gemeinsam sammelten die Ingenieure Ideen, machten Pläne und verwarfen diese wieder – bis die Inspiration in Form einer Bahnschranke den zündenden Einfall brachte.

Es sollte keine einfache Brücke werden, sondern eine bewegliche Konstruktion über den Dächern Schwerins: Die Schwebende. „Nach dem Vorbild einer Bahnschranke wollten wir das Modell fest im Boden verankern, sodass sich eine lange Metallstange von der einen Seite des Stangengrabens zur anderen herüberneigen kann“, erzählt Ingenieur Dr.-Ing. Ronald Apitz „Am Ende des Konstrukts war eine große Glaskugel geplant.“ Die Besucher sollten auf der einen Seite in die Kugel einsteigen, sich in die Höhe erheben und dann wie schwebend über die Stadt bewegen: Es wäre ein phänomenaler Ausblick, mit 30 Metern sprichwörtlich überragend!

Auf der anderen Seite angekommen, sollte die Kugel mit den Besuchern auf der Kuppel eines gläsernen Fischrestaurants anlanden. Dort hätten sie im Anschluss an die Fahrt bei einem guten Menü den Blick über den Heiden- und Schweriner See genießen können. Ein weiterer Vorteil des Modells: Im Gegensatz zu einer Brücke hätte die Schwebende mit ihrem Schwenkarm keine Behinderung für den hochmastigen Schiffsverkehr dargestellt.

Doch dazu kam es nicht. Die Projektkosten von etwa 900.000 bis eine Million Euro konnten im enger werdenden Finanzplan der BUGA nicht mit aufgenommen werden. Das Projekt wurde nach langer Planung abgesagt und auch die teure und aufwendige Patentanmeldung gab das Architekturbüro Apitz auf. Anfang der 2000er waren die Projekte noch nicht so breit gestreut und ließen keine Zeit für bislang unbezahlte Träume. Doch vielleicht wird ihre Zeit noch eines Tages an anderer Stelle kommen.

Reica Lindner