Das Finale ist noch offen

Heiko Stolp will in seinem Leben eine spannende Geschichte schreiben

Heute pflanzt der 54-Jährige Blumen in sein rotes Kanu, früher kniete der 1,88-Meter-Mann in dem Sportgerät und pflügte damit die Regattastrecken des Landes um.
Heute pflanzt der 54-Jährige Blumen in sein rotes Kanu, früher kniete der 1,88-Meter-Mann in dem Sportgerät und pflügte damit die Regattastrecken des Landes um, Fotos: maxpress

Altstadt/Pastin • Heute pflanzt der 54-Jährige Blumen in sein rotes Kanu, früher kniete der 1,88-Meter-Mann in dem Sportgerät und pflügte damit die Regattastrecken des Landes um. Dabei hatte der Hühne Heiko Stolp mit einem Kampfgewicht von heute 120 Kilogramm überhaupt keine Lust auf das Paddeln.

Sportlich angefangen hat Heiko Stolp bei den Ringern von Dynamo Schwerin. Von der Ringermatte ging es dann aufs Volleyballfeld. Hier war Heiko Stolp so erfolgreich, dass die Sportfunktionäre ihn zum Leistungssport schicken wollten. Das wollte er nicht, denn das Wasser zog ihn mehr an als das Parkett der Volleyballhalle. Nach der Schule lernte der junge Mann den Beruf des Installateurs und hätte auch gern seinen Meister gemacht. Aber das Schicksal sollte ihm dabei einen Strich durch die Rechnung machen. Bei einem Arbeitsunfall verliert Heiko Stolp das Sehvermögen seines linken Auges. Das Organ ist so schwer verletzt, dass es durch ein künstliches Auge ersetzt werden muss. Mit lachendem Gesicht erzählt er heute von den Tagen im Demminer Krankenhaus, als die Augen-OP überstanden war und sein Freund, mit dem er immer Tischtennis gespielt hat, ihm ein besonderen Talisman geschenkt hatte. „Das war ein Flummy, so ein Gummiball mit dem Aussehen eines Augapfels. Den habe ich nach der OP gegen die Zimmerwand geworfen und versucht, ihn – mit nur einem sehenden Auge – wieder zu fangen. Das klappte mit jedem Versuch immer besser. ,Yes‘, habe ich gedacht, ich kann es trotzdem.”

Sein starker Wille und Ehrgeiz ziehen sich durch das weitere Leben des Schweriners. Gern wäre er – wie sein Onkel – Fallschirmjäger geworden, doch durch die Augenverletzung war das nicht möglich. Was von seinem Vorbild geblieben ist, sind der Glaube und der Optimismus, jede Situation des Lebens meistern zu können. „Das war ein Typ, der alles konnte und über jedes Ding eine Geschichte erzählt hat.

Heiko Stolp kann ebenfalls Geschichten über Erreichtes erzählen. Zum Beispiel, wie er zum Kanusport gekommen ist. Wie er aus dem schmalen Kanadier immer wieder ins kalte Wasser geflogen ist, das Boot gehasst hat und dann später trotzdem Kanutrainer bei der BSG-Fortschritt Schwerin geworden ist. Oder die Geschichte, wie der Wassersportler die Drachenbootbegeisterung von Asien nach Schwerin gebracht hat. „Wir waren 1995 bei der Drachenbootweltmeisterschaft im chinesischen Wuhan. Da sind wir als erstes europäisches Team Dritter über 500 und 1000 Meter geworden.” Überwältigt von der Begeisterung tausender asiatischer Zuschauer kehren die WM-Dritten der voller Euphorie zurück nach Schwerin. Doch der Empfang war ernüchternd. „Da war niemand am Flughafen, der uns empfangen hat. Erst am Schweriner Bahnhof standen einige Fans und die Familie.

Heiko Stolp verbreitet die Begeisterung für den Drachenbootsport und überzeugt die Schweriner Sportlehrer, die Drachenbootmeisterschaften für die Schweriner Schulen auf dem Faulen See ins Leben zu rufen. Heute ist er stolz darauf, sagen zu können, dass fast jeder Schweriner Schüler in den vergangenen 20 Jahren ganz sicher einmal im Drachenboot gesessen hat. Die Kanurenngemeinschaft Schwerin, deren Vorsitzender Heiko Stolp einige Jahre war, veranstaltet neben den Schülermeisterschaften auch das Drachenbootfestival auf dem Pfaffenteich. Ein Rennen mit Teams aus aller Welt, ein Volksfest für die Zuschauer – und damals – Heiko Stolp als Sprecher und Organisator.

Inzwischen hat er den Staffelstab für die Organisation in jüngere Hände gegeben und steht bereit, wenn Rat gebraucht wird. Beruflich ist Heiko Stolp als Angestellter im Dezernat Ordnung für die Genehmigungen von Veranstaltungen zuständig. Privat zieht es ihn aufs Land (Foto u.r.), wo er sich im Haus seiner Schwiegereltern um die Familie kümmert oder an seiner alten AWO schraubt (Foto u.l.). Ach ja: Als Trainer coacht der Familienvater das Drachenbooteam seiner Tochter. Die Leidenschaft zum Wassersport ist wohl erblich.

Steffen Holz