Der Philosoph im Garten
Dirk von der Ehe studierte Landwirtschaft und Politik
Schwerin • Seit 16 Jahren kennen die Kunden auf dem Frischemarkt in Schwerin sein Gesicht und mögen die Produkte, die Dirk von der Ehe dreimal die Woche an seinem Stand anbietet. Als junger Mann wollte der heutige Bio-Gärtner und studierte Philosoph etwas ganz anderes werden.
Dirk von der Ehe trägt eine grüne Jacke, eine braune Arbeitshose und wasserdichte Schuhe, damit er keine nassen Füße bekommt, wenn er über die Wiesenflächen seiner Gärtnerei läuft. Stolz zeigt der Mann mit der sonnengebräunten Haut seine bestellten Beete, auf denen in langen Reihen Ruccolapflanzen, Kohl oder Porree stehen. Daneben befinden sich Blühstreifen mit Sonnenblumen. Alle Pflanzen, die der Gärtner hier angebaut hat, stehen nicht zufällig an ihrem Platz, und über alle kann Dirk von der Ehe eine Geschichte oder den Grund des Anbaus erzählen.
Seine eigene Geschichte beginnt für Dirk von der Ehe in einem Dorf in Hessen. Hier wächst der Junge auf dem Bauernhof seiner Eltern auf. Der liegt in einer hügeligen Gegend, in der die Kampfpiloten der Bundeswehr Tiefflüge üben. „Die Jets sind manchmal so tief geflogen, dass sich die Spitzen der Bäume von dem Schub der Düsenjäger gebogen haben”, sagt Dirk von der Ehe und erzählt begeistert von seinem Jugendtraum, Pilot zu werden. Der starb nach der Musterung und der Erkenntnis, dass seine gesundheitlichen Werte dafür nicht ausreichten.
Im späteren Zivildienst reifte der Entschluss, Gartenbau zu studieren. Doch vor dem Studium ging es für den jungen Mann in die Lehre. Bei einem Gemüsebauern lernte Dirk von der Ehe den Beruf des Gärtners, eignete sich dabei das heutige Wissen über die Grundlagen des Anbaus, über Fruchtfolgen und Bewässerung an. Die Leidenschaft für Pflanzen ließ den Mann aus Hessen nicht mehr los, sodass er nach der Ausbildung Landwirtschaft in Kassel studierte. Neben dem Wissen um Gartenbau und Landwirtschaft interessierte den Studenten auch die Philosophie und das Geschehen in der Politik. Also belegte Dirk von der Ehe auch diese Fächer und schloss das Studium mit dem Magistertitel ab.
Nach der Uni und Studienaufenthalten in den USA und Frankreich verschlug es ihn nach Berlin, wo er als Volontär bei der ZMP, der „Zentrale Markt- und Preisberichtstelle für Erzeugnisse der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft”, arbeitete. Doch die riesige Großstadt lag dem studierten Landwirt nicht so richtig. Er sehnte sich nach mehr Land und träumte von seinem eigenen Betrieb. „Die Gärtnerei tut mir gut, macht mir Spaß, damit würde ich mich gern selbstständig machen”, sagt Dirk von der Ehe heute über seinen Wunsch von damals, die Großstadt zu verlassen. Eine Zeitungsanzeige der Betriebsgemeinschaft Hof Medewege bei Schwerin machte ihm die Entscheidung leicht. Hier wurden Mitstreiter für den BIO-Gartenbau gesucht. Dirk von der Ehes Traum, als Selbstständiger sein eigenes Gemüse anzubauen und auf Märkten zu verkaufen, wurde wahr. Das tat er regelmäßig und erfolgreich auf dem Darß, in Hamburg und auf dem Schweriner Markt (Foto u.l.). Dabei stellte er fest, dass es nicht reicht, seine eigenen Gemüsesorten zu verkaufen, sondern es besser sei, ein Vollsortiment mit Obst, Gemüse und Kräutern anzubieten. „Und ganz wichtig ist es auch, auf bestimmte Trends zu reagieren”, sagt Dirk von der Ehe. „In den 2000er-Jahren waren die Leute verrückt nach Ruccola. Da habe ich am Tag bis zu zehn Kilogramm davon verkauft. Heute sind es im Schnitt vier Kilo.”
Auch heute folgt der Landwirt den Ernährungstrends. „ Die Leute wollen Produkte aus eigener Ernte und aus der Region (Foto u.r.). Aus diesem Grund produziere ich ja hier”. Inzwischen ist der Sitz seiner Gärtnerei in Grambow, wo er im Sommer mit sieben und im Winter mit fünf Angestellten sein Bio-Gemüse anbaut. Auf die Frage, ob Dirk von der Ehe Vegetarier ist, sagt er: „Obwohl auf dem Bauernhof meiner Eltern geschlachtet wurde, kann ich mir heute nicht mehr vorstellen, selbst ein Tier zu schlachten, um es zu essen.”
maxpress/Steffen Holz