Durchhaltevermögen ist gefragt

Die Auswirkungen des Virus zeigen sich nachhaltig in der Wirtschaft und in den Aktienkursen

Dirk Eichbaum, Abteilungsleiter S-Vermögens­management
Dirk Eichbaum, Abteilungsleiter S-Vermögens­management, Foto: SPK

Schwerin • Die Pandemie schürt bei Anlegern Ängste und wirft Fragen auf. Bei der aktuellen Kursentwicklung lassen sich Parallelen zur Finanzmarktkrise entdecken. Dirk Eichbaum, Abteilungsleiter S-Vermögensmanagement, gibt Antworten zum Thema Vermögen in der Krise.

hauspost: Heißt es für Anleger wieder „Augen zu und durch“?
Dirk Eichbaum: Wer in der Finanzkrise nach diesem Motto gehandelt hat, hat richtig gehandelt. Noch besser wäre in der jetzigen Situation ein zügiger Nachkauf gewesen. Denn die Erholung, die auf jeden Einbruch folgt, kam diesmal viel schneller als sonst.

hauspost: Ist es also schon zu spät zum Aktienkauf?
Dirk Eichbaum: Nein, denn zum einen wird es in den kommenden Wochen wohl noch den einen oder anderen Rücksetzer geben. Zum anderen ist der Einstiegszeitpunkt umso unwichtiger, je länger die Anlage läuft.

hauspost: Hat sich die Situation an den Märkten inzwischen etwas entspannt?
Dirk Eichbaum: Ja, Kursverluste sind zu großen Teilen wieder aufgeholt. Die Erholung war auch eine positive Reaktion auf die Auffangnetze der Notenbanken und Regierungen. „Feuerwehr und Notarzt“ sind praktisch vor Ort und alle sind zuversichtlich, dass sie ihr Handwerk verstehen. Die Unfallstelle ist aber noch längst nicht aufgeräumt. Die Börsen werden Rückschläge bei der Infektionsbekämpfung oder schlechte Nachrichten aus einzelnen Wirtschaftszweigen wieder mit Kursabschlägen quittieren. Aber Aktien werden auch nach der Corona-Zeit bei Anlegern hoch im Kurs stehen.

hauspost: Welche Spuren wird die Corona-Pandemie insgesamt bei der Wirtschaft hinterlassen?
Dirk Eichbaum: Experten rechnen dieses Jahr für Deutschland mit einem Einbruch der Wirtschaftsleistung von mehr als sechs Prozent. Mit der schrittweisen Zurücknahme von Einschränkungen sollte sich die Aktivität aber wieder deutlich erhöhen, sodass das Wachstum im nächsten Jahr über sechs Prozent liegen kann.

hauspost: Wie lange wird Corona nachwirken?
Dirk Eichbaum: Produktionsbänder anzuhalten ist leicht, sie wieder zu starten, ist viel schwieriger. Mittlerweile funktionieren die Produktionsketten aber wieder, und die Unternehmen klagen eher über eine schleppende Nachfrage. Schätzungen zufolge könnten am Jahresende rund 90 Prozent der gegenwärtigen monatlichen Produktionslücken wieder geschlossen sein. Die Steigerungsraten werden anfangs sehr hoch sein, die letzten Meter sind deutlich schwieriger. Experten schätzen, dass die gesamte Wirtschaftsleistung erst Ende 2021 wieder das Niveau von vor der Corona-Krise erreichen wird.

hauspost: Was wird sich bei der Wirtschaft durch die Corona-Krise verändern?
Dirk Eichbaum: Geschäftsreisende werden sich künftig vielleicht häufiger fragen, ob sie wirklich zu jedem Termin fliegen müssen oder ob nicht auch eine Videokonferenz genügt. Demgegenüber kann ich mir vorstellen, dass im Tourismus die ursprüngliche Nachfrage auf lange Sicht wieder erreicht wird. Die Industrie wird die Produktionssicherheit vielleicht höher gewichten und zum Beispiel auf größere Lager setzen. Und die Produktion einiger Branchen könnte aus Asien nach Europa zurückverlegt werden. Das eröffnet vielen Unternehmen, etwa Maschinenbauern, neue Chancen.