Schulabschluss mal anders
Trotz Krankheit Mittlere Reife geschafft
Schwerin • Jasmin El Mesri ist 19 Jahre alt. Äußerlich unterscheidet sie sich kaum von anderen Jugendlichen, doch ihre Schulzeit verlief ganz anders. Mit zehn Jahren wurde bei der Schwerinerin die chronische Darmkrankheit Morbus Crohn diagnostiziert, bei der die Betroffenen unter anderem unter starken Bauchschmerzen und Durchfall leiden.
An den Ärztemarathon, der darauf folgte, erinnert sie sich noch genau. „Die Ärzte sehen oft nur die Symptome und nicht die Ursache. Bei der Behandlung mit den passenden Medikamenten werden Mensch und Körper nicht als Ganzes betrachtet“, kritisiert sie. Jasmin litt nicht nur körperlich und psychisch, auch ihre Schullaufbahn beschreibt sie als kompliziert. Der ständige Schmerz und die Verdauungsprobleme erschwerten ihren Alltag. Wochenlang konnte sie nicht zur Schule gehen und musste mehrere Klassenstufen wiederholen. Auf die Frage, wie sie sich damals fühlte, antwortet die ehemalige Schülerin: „Ich hatte Schmerzen. Der Rest war mir, glaube ich, egal.“
Durch das ständige Fehlen war es für sie unmöglich geworden, alle Noten zu erhalten. Im Gespräch mit ihrem Lehrer stieß Jasmin auf die Nicht-Schüler-Prüfung und beschloss „gezwungenermaßen“, diesen Bildungsweg zu nutzen. Bei dieser alternativen Schulform werden nur die Prüfungen gewertet. Die Vorbereitung dafür musste sie aber nun selber übernehmen. „Mich selbst zu organisieren und zu motivieren war schwierig, aber glücklicherweise bin ich nicht doof“, lacht sie. Nun hat sie ihre Mittlere Reife in der Tasche und freut sich, dass sie es endlich geschafft hat.
Die Schwerinerin stört, dass nicht jeder diesen Bildungsweg nutzen kann. Anwärter müssen unter anderem mindestens 18 Jahre alt sein und nachweisen, dass der herkömmliche Schulweg für sie nicht möglich ist. „Durch die Corona-Zeit kommt sehr viel in Bewegung – nicht nur im Bildungssystem – was ich sehr gut finde. Viel wird sich verändern und alle müssen aus ihrer Komfortzone raus.“ Die Erkrankung habe sie sensibilisiert – im Umgang mit sich selbst, aber auch mit ihrer Umwelt.
Eine chronische Krankheit ist meist nicht heilbar, aber Jasmin El Mesri fand selber ihren Weg. Mittlerweile kann die 19-Jährige intuitiv einschätzen, was ihr guttut und was nicht. „Ich möchte mich von meiner Erkrankung nicht allzu abhängig machen. Ich bin positiv, aber auch realistisch.“
Ihrer Zukunft blickt Jasmin selbstsicher und vertrauensvoll entgegen. Nächstes Jahr möchte sie Gesang studieren und parallel dazu ihr Abitur an der Abendschule machen. „Ich habe gelernt, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist und ich mich selbst am besten kenne.“
Clara Rothe